Beitrag in Jahrbuch 2012
Allgemeine Entwicklung Die konjunkturelle Entwicklung der Landtechnikindustrie
Die konjunkturelle Entwicklung der Landtechnikindustrie
Gerd Wiesendorfer,
VDMA Landtechnik
Kurzfassung
Die Jahre 2011 und 2012 stehen für einen raschen Aufschwung der europäischen und weltweiten Landtechnik-Industrie. Mit gestiegenen Einkommen haben die Landwirte vermehrt in Technik investiert, um ihre Produktivität weiter zu erhöhen. Innerhalb Europas hat sich allerdings ein Nord-Süd-Gefälle aufgetan: Während die Landtechnikmärkte im nördlichen Teil ein starkes Wachstum erreichten, verringerten sich die Verkäufe von Maschinen in Südeuropa analog zur gesamtwirtschaftlichen Schwäche in den Ländern. Ein größeres Augenmerk richten die europäischen Landtechnik-Hersteller mittlerweile auf die für ihr Technologie-Niveau neuen Märkte in Asien, allen voran China. Weiterhin überdurchschnittlich wächst die Region der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).
Schlüsselwörter
Landtechnikmarkt, Konjunktur, Mechanisierung, Investitionsbedarf, Schwellenländer, Geschäftsklima, landwirtschaftliche Einkommen
Economic Development of the Agricultural Machinery Industry
Gerd Wiesendorfer,
VDMA Agricultural Machinery Association
Abstract
The years 2011 and 2012 represent a dynamic upswing of the markets for the European and global agricultural machinery industry. Based on higher agricultural income, investment in farming technology has increased with the objective to further improve productivity. Within Europe, a clear regional split between the northern and southern part has become evident over the past two years. While the markets in the north showed considerable growth, sales of new machinery dropped analogically with the overall economic depression in these countries. The European agricultural machinery manufacturers meanwhile are focusing more on Asian countries, especially China, which are new markets for their technological level. Above average growth still is seen for the big markets in the Community of Independent States (CIS).
Keywords
Agricultural machinery market, economy, mechanization, investment need, emerging markets, economic climate, agricultural income
Nach dem abrupten Konjunktureinbruch im Jahr 2009 hat sich die Landtechnikbranche in Europa und auch weltweit wieder deutlich und vor allem rascher erholt als erwartet. Einige europäische Unternehmen knüpften bereits im Jahr 2011 wieder an ihren Rekordumsatz des Jahres 2008 an, den meisten dürfte dies 2012 gelingen. Der VDMA rechnet für 2012 mit einer globalen Landtechnikproduktion von 86 Milliarden Euro. In der Europäischen Union dürfte sich eine Steigerung um etwa fünf Prozent auf 28 Milliarden Euro ergeben. Im folgenden Beitrag wird eingangs die europäische Entwicklung des Landtechnikmarktes dargestellt, gefolgt von einer Einordnung in die globale Branchenkonjunktur.
Bild 1: Regionale Verteilung der globalen Landtechnik-Produktion, in Prozent [1]
Figure 1: Global agricultural machinery production, shares in percent [1]
Europäische Konjunktur mit Nord-Süd-Gefälle
Die Produktion von Landtechnik in der Europäischen Union repräsentiert mit knapp einem Drittel nach wie vor den weltweiten Löwenanteil. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren dabei an der Spitze etabliert – der zweitgrößte Standort Italien folgt wertbezogen mittlerweile mit einem Abstand von 30 Prozent. Für die Hersteller in beiden Ländern spielen die Exportmärkte die wesentliche Rolle, allerdings konnten die deutschen Marken in den vergangenen Jahren auch von einem außerordentlich starken Heimatmarkt profitieren. Dies kann man von Italien nicht behaupten – der Markt stagniert seit Jahren und liegt bezogen auf die Größe mittlerweile an vierter Stelle hinter Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die Herausforderung für einige Sektoren der italienischen Agrarwirtschaft liegt daher in der Umstrukturierung, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit signifikant erhöhen zu können.
Der Stand und die Entwicklung der Landtechnikmärkte in der Europäischen Union waren nie homogen und werden, den lokalen Gegebenheiten entsprechend, stets von einem Land zum anderen abweichen. Generell lässt sich feststellen, dass die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 mit einem Marktrückgang bei Landmaschinen um knapp ein Fünftel einen schmerzlichen Einschnitt für die Hersteller bedeutete. Vor allem diejenigen Unternehmen, die gleichzeitig einen hohen Exportanteil in die osteuropäischen Märkte – hauptsächlich nach Russland und in die Ukraine – aufgebaut hatten, traf es durch den plötzlichen Wegfall dieses Absatzpotentials an allen Fronten. Mit umso größerer Genugtuung konnte die Branche dann feststellen, dass sich nach nur knapp mehr als einem Jahr die Auftragsbücher ab Mitte 2010 wieder füllten, und zwar anfangs mit hohen zweistelligen Zuwachsraten. Dieser Trend hielt bei den deutschen, niederländischen oder französischen Herstellern auch im Jahr 2012, also bereits für zwei Jahre, an. Die Hersteller in Spanien, Italien oder Portugal bekamen dagegen seit Jahresende 2011 die Schwäche ihrer Heimatmärkte zu spüren und sind seither bestrebt, ihre Auftragsbücher wieder gefüllt zu bekommen.
Diese Divergenz ist auch am monatlichen Stimmungsbarometer des europäischen Dachverbandes CEMA abzulesen. Im Juni 2012 rutschte der Geschäftsklima-Index der westeuropäischen Landtechnikindustrie erstmals seit zwei Jahren wieder ins Minus. Ein konjunktureller Abschwung wird jeweils eingeleitet durch verhaltene Zukunftsaussichten, gefolgt von einer schlechteren Bewertung der Geschäftslage. Ersteres hat sich für die gesamteuropäische Industrie zur Jahresmitte 2012 eingestellt: Im Juli erwarteten 35 Prozent der befragten Führungskräfte einen Rückgang ihrer Umsatzzahlen für das kommende Halbjahr, während nur noch 22 Prozent von einem weiteren Wachstum ausgingen. Die aktuelle Lage wurde dagegen noch von einer Mehrheit als positiv bewertet. Die Unterschiede zeigen sich aber deutlich, wenn man auf die einzelnen Länder-Ergebnisse blickt. Dabei bestätigt sich das erwähnte Nord-Süd-Gefälle. Während 60 Prozent der Hersteller in Deutschland und Österreich von einer guten oder sehr guten Geschäftslage berichten, und der Rest der Unternehmen zumindest die Note „zufriedenstellend“ vergibt, stuft die Hälfte der Unternehmensführer in Italien und Spanien ihre Situation als ungünstig oder sogar „sehr ungünstig“ ein. Dies spiegelt die unterschiedlichen Auftragsbestände wider: Im Frühjahr 2012, also vor der Hauptsaison, lagen diese bei den deutschen Herstellern im Durchschnitt bei über drei Monaten, in Italien und Spanien dagegen bei nur zwei Monaten und darunter.
Hoher Investitionsbedarf der südeuropäischen Landwirtschaft
Der konjunkturelle Abschwung hat im südlichen Teil Europas bereits zu Jahresbeginn 2012 eingesetzt. Die Landwirtschaft konnte sich somit nicht abkoppeln von der gesamtwirtschaftlichen Depression. Die Landwirte blicken ebenso pessimistisch in die Zukunft wie die Beschäftigten in der Industrie oder im Dienstleistungssektor. Gleichzeitig hat das Agribusiness in naher Zukunft wieder die Chance, sich mit unternehmerischem Handeln und ein bisschen Glück hinsichtlich der klimatischen und meteorologischen Bedingungen wieder aufzurichten. Italien und Griechenland werden nach bisheriger Einschätzung keine schlechte Ernte einfahren. Auf der iberischen Halbinsel wirkt sich dagegen auch in diesem Jahr eine lang anhaltende Trockenheit negativ auf den Ackerbausektor aus. Letztlich wird aber die Einkommensentwicklung auch von den zu erzielenden Preisen bestimmt, sodass zu hoffen bleibt, dass der über die vergangenen Jahre fast um die Hälfte geschrumpfte spanische Landtechnikmarkt ab 2013 wieder etwas Auftrieb erhält.
Frankreich und Deutschland erzielen mit 66 bzw. 46 Milliarden Euro (2010) die größte landwirtschaftliche Wertschöpfung in der Europäischen Union. Deutschland ist größter Erzeuger von Milch, während Frankreich bei Getreide an der Spitze steht. Die beiden Länder führen auch bezüglich der Verkäufe von Landtechnik die europäische Rangliste an, wobei die deutschen Landwirte und Lohnunternehmer seit 2006 überproportional viel in ihre Technik investiert haben. Ein Grund hierfür dürfte der noch etwas stärkere Strukturwandel als im Nachbarland sein. Ebenso spielen in Frankreich die Sektoren Wein-, Obst- und Gemüseanbau eine größere Rolle, die besondere wirtschaftliche Durststrecken durchlaufen mussten. Derzeit läuft die Konjunktur in diesen beiden größten Märkten Europas noch rund. Die Investitionsabsichten der deutschen Bauern haben sich über den Sommer sogar noch weiter erhöht. Es ist somit deutlich spürbar, dass sich die Einkommenslage 2010/2011 wieder verbessert hatte und seither über dem langjährigen Durchschnitt liegt. Die Investitionslaune wird unter anderem von der weiteren Entwicklung der Erzeugerpreise abhängen. Der Milchpreis sorgte zwischenzeitlich bereits wieder für Unmut, die Molkereien haben im Zuge der weltweit erhöhten Produktionsmenge ihre Auszahlungspreise spürbar gedrückt. Andererseits bleiben die Landwirte auf den hohen Kosten sitzen. Angesichts des modernen und leistungsfähigen Maschinenbestandes, den sich die Landwirte in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, dürften die Neuinvestitionen im Falle rückläufiger Einkommen ab 2013 entsprechend zurückgehen.
Ähnlich wie in den beiden beschriebenen größten Märkten verlief die Entwicklung in den übrigen Ländern West- und Nordeuropas. Die Schweiz und Österreich waren von der Krise 2009 sowieso nur sehr schwach betroffen – deren Landwirte hatten sich vergleichsweise unbeeindruckt gezeigt. In Großbritannien und den Niederlanden ging der Markt 2009 zwar ebenfalls spürbar zurück, es folgte aber auch hier ein kräftiger Aufschwung.
Bild 2: Verteilung des Landtechnikmarktes in der Europäischen Union (Ø der Jahre 2009-2011) [1]
Figure 2: Agricultural machinery market in the European Union (average share from 2009-2011) [1]
Große Entwicklungsschritte in Zentraleuropa
Die jungen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in der geographischen Mitte Europas bilden nach wie vor die stärkste Wachstumszone. Polen besitzt mit 12 Millionen Hektar eine vergleichbare Ackerfläche wie das Nachbarland Deutschland und hat sich mittlerweile in der Rangliste der Landtechnikmärkte an die fünfte Stelle hochgearbeitet. Die polnischen Landwirte kauften 2011 neue und gebrauchte Technik im Wert von 1,3 Milliarden Euro. Der Großteil davon stammt aus dem Ausland, mit Deutschland als wichtigstem Lieferanten. Aber auch die nationale Industrie hat sich in den vergangenen Jahren beachtlich entwickelt und nähert sich dem westeuropäischen Standard an. Das Land hat – nach anfänglich stark ausgeprägter Skepsis im bäuerlichen Berufsstand – sehr von der Einbeziehung in die europäische Agrarpolitik profitiert. Zu den Investitionsförderprogrammen aus Brüssel kamen nationale Projekte, z. B. für Junglandwirte. Damit hat Polen die große Herausforderung gut gemeistert, den Anteil von mehr als 25 Prozent der Bevölkerung, die zum Zeitpunkt des EU-Beitritts in der Landwirtschaft beschäftigt waren, innerhalb von 15 Jahren um die Hälfte zu verringern und die Marktfähigkeit seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse merklich zu steigern.
Eine ähnliche Strategie wird auch die Regierung in Rumänien, dem zweitgrößten Flächenstaat unter den neuen Mitgliedsstaaten, verfolgen müssen. Die dortigen Förderprogramme zum Kauf neuer Landtechnik haben in den vergangenen Jahren der westeuropäischen Landtechnikindustrie zweifelsohne bereits gute Verkäufe beschert. Potential für eine höhere Mechanisierung und Schlagkraft der Betriebe gibt es weiterhin. Die Erweiterung der politischen Union setzt sich fort – mit Kroatien steht ein weiteres agrarisch geprägtes Land vor der Tür. Die Vorbeitrittsprogramme wirken sich bereits aus, aber die Entwicklung der Landwirtschaft steht erst am Anfang. So heterogen ist die europäische Realität.
Demographische Trends stützen den weltweiten Technologieeinsatz
Die weltweiten Rahmenbedingungen für Landtechnik sind auf lange Sicht günstig. Eine schnell wachsende Bevölkerung, die es immer mehr in die Städte zieht und sich ein modernes Konsumverhalten aneignet, muss mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Der steigende Fleischkonsum pro Kopf bedeutet einen überproportional höheren Bedarf an pflanzlichen Erzeugnissen. Die Politik strebt – vor allem in den großen Schwellenländern – außerdem einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad an. Für die Landwirtschaft und die vor- und nachgelagerten Bereiche bedeutet dies mehr Druck hinsichtlich der Ertragssteigerung vor Ort sowie lokales Engagement der Hersteller, zumal die Bedingungen für den Import von Maschinen und Anlagen in der Regel entsprechend erschwert werden.
Im Zuge dieser Entwicklung hat sich die globale Landtechnikbranche im vergangenen Jahrzehnt rasant gewandelt. Zum einen hat sie durch einen generell höheren Mechanisierungsgrad des landwirtschaftlichen Sektors ihre Absatzzahlen an Maschinen deutlich gesteigert. In den meisten Ländern gibt es gegenwärtig einen höheren Bestand an Landmaschinen als vor ein oder zwei Jahrzehnten. In nur abgeschwächter Form bezieht sich diese Feststellung auf Westeuropa und Nordamerika, wo die Mechanisierung der Landwirtschaft die längste Historie hat. Eine Ausnahme mag ebenfalls die Region der früheren kommunistischen Staaten Osteuropas bilden, in der sich die Bedeutung des Agrarsektors nach dem Ende der Sowjetunion stark verringert hatte und große Flächen über Jahre aus der Bewirtschaftung genommen wurden. Zwar wurden in den vergangenen Jahren zwischen Polen und Sibirien viele neue Maschinen verkauft; der Gesamtbestand an einsetzbarer Technik dürfte aber noch unter dem des Sowjetzeitalters liegen. Einen immer größer werdenden Maschinenbestand finden wir jedoch vor allem in den großen Schwellenländern vor, die für die weltweite Nahrungsmittelversorgung bereits jetzt, aber vor allem in Zukunft, eine Schlüsselrolle spielen.
Das Paradebeispiel ist China als mittlerweile zweitgrößter Landtechnikmarkt der Welt, das in seinen Fünfjahresplänen stetig höhere Mechanisierungsgrade für die Landwirtschaft anstrebt und erreicht. Da das „Reich der Mitte“ dies hauptsächlich mit der eigenen Industrie realisieren will, hat sich der Anteil der chinesischen Produktion am weltweiten Volumen kontinuierlich erhöht – nach Schätzung des VDMA von sieben Prozent im Jahr 2005 auf 17 Prozent im Jahr 2011. Am chinesischen Markt kommt also mittlerweile kein großer Landtechnikhersteller mehr vorbei. Die Wachstumsraten in Bezug auf Landtechnik überstiegen in China in den vergangenen Jahren sogar die der Gesamtwirtschaft. Zwischen 2005 und 2010 dürften sie bei jährlich 15 bis 20 Prozent gelegen haben. Gleichzeitig blieb die Importquote des Landes unter fünf Prozent, da die nationale Politik die heimischen Hersteller schützt und die Endkunden, in der Regel kleinere Landwirtschaftsbetriebe, mit der nationalen Technik gut zurechtkommen. Für sogenannte „westliche“ Technik gibt es aber dennoch eine Nachfrage, vor allem von den professionell geführten Großbetrieben im Norden des Landes. Dieses Potential wird von namhaften europäischen und amerikanischen Herstellern durch Ansiedlung neuer Montage- und Produktionsstätten vor Ort nach und nach ausgeschöpft.
Bild 3: Außenhandel Chinas in Bezug auf Landtechnik, in Mio. USD [2]
Figure 3: Chinese foreign trade of agricultural machinery, in million USD [2]
In Südamerika schreitet die Mechanisierung ebenfalls voran. Brasilien verfügt bekanntlich über große noch auszuschöpfende Potentiale durch die – nicht unumstrittene – Umnutzung des Landes von Savannen- und Waldgebieten zu Acker- und Weideland. Argentinien als zweitgrößter Flächenstaat des Subkontinents birgt ebenfalls noch viel Potential und hat sich vor allem zum Produzenten von Soja gewandelt. Paraguay und Uruguay haben ihren Stellenwert als wichtige Fleischlieferanten gefestigt, Chile steht eher für Sonderkulturen und Weinanbau. Für alle Bereiche wird Technik eingesetzt, wobei Argentinien und Brasilien ihre Märkte gegen Importe ebenfalls stark abschotten. Deswegen werden auch hier neue Fabriken der europäischen und nordamerikanischen Marken geplant. Zusätzlich drängen die asiatischen Hersteller auf eine Präsenz in diesem auf mittlere Sicht vielversprechenden Markt.
Neue Märkte rücken in den Fokus
Die „Mechanisierungswelle“ für den Agrarsektor wird künftig weitere Regionen in den Fokus der Branche rücken. Es gibt mittlerweile ein wachsendes Engagement einiger Hersteller in Afrika, wo hinsichtlich der Nahrungsmittelversorgung in den vergangenen Jahrzehnten keine wirklichen Fortschritte erzielt wurden: Dies gilt vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Bevölkerung nur in geringem Maße in der Lage ist, sich mit Nahrungsmitteln selbst zu versorgen. Neben den 54 afrikanischen Ländern dürften, abgesehen von China und Indien, auch in einigen anderen der 47 asiatischen Staaten hohe Wachstumsraten für Landtechnik zu erwarten sein. Indonesien hat rund 225 Millionen Einwohner zu ernähren, und auch in Ländern wie Thailand und Vietnam setzt sich die Landflucht der Bevölkerung fort.
Die konjunkturelle Hochphase für die Landtechnikbranche, die wir weltweit 2011 und 2012 erlebt haben – nach einem, im Vergleich zu Europa, auf globaler Ebene gar nicht so starken Abschwung 2009 – dürfte sich in den kommenden zwei Jahren etwas abschwächen. Auf der einen Seite dürften sich die Sättigung der Märkte in Europa und Nordamerika sowie die geringeren Einkünfte der Bauern in diesen Regionen auf die Investitionsbereitschaft in neue Technik niederschlagen. Andererseits hängen potentielle Maschinenkäufe von Finanzierungsmöglichkeiten ab, die eher abnehmen werden. Schließlich ist eine gesamtwirtschaftliche Eintrübung, auch vor dem Hintergrund der in zahlreichen Ländern sichtbaren Schuldensituation, evident. Als drittes Argument für einen konjunkturellen Abschwung sind zu erwartende Einschränkungen hinsichtlich der staatlichen Stützung des Sektors anzuführen. Die Landwirte in den Mitgliedsländern der OECD hängen im Durchschnitt zu rund einem Fünftel von Subventionen der regionalen oder nationalen Regierungen ab. In anderen wichtigen Agrarländern wie China, Indien und Brasilien hat sich die Förderung ebenfalls ausgeweitet und wird im Fall einer gesamtwirtschaftlichen Flaute unter Umständen wieder eingeschränkt. Abgesehen von diesen kurzfristigen Schwankungen der Nachfrage kann sich die Branche aber mittel- und langfristig auf die Wirkung der „Megatrends“ verlassen: Ein höherer Mechanisierungsgrad wird in vielen Teilen der Welt zur Steigerung der Hektarerträge angestrebt. Gleichzeitig verlangen kritische Verbraucher und eine strengere Gesetzgebung die stärkere Verbreitung von präziser und automatisierter Technologie in der Landwirtschaft zur Erfüllung höherer Anforderungen an Umweltschutz, Bedienkomfort und Wirtschaftlichkeit.
Zusammenfassung
Nach einem vor allem in Europa stark ausgeprägten konjunkturellen Abschwung für Landtechnik in den Jahren 2009 und 2010 befindet sich die Branche seither in einer Hochphase. Die Auftragseingänge der deutschen Hersteller lagen bis Mitte 2012 weiterhin über dem Niveau des Vorjahres. Ausschlaggebend sind die weltweit vergleichsweise hohen Preise für Agrargüter, die zu entsprechend hohen Einkommen der Landwirtschaft führen. Diese Finanzkraft versetzt die Landwirte in die Lage, in die Entwicklung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu investieren, für die ein moderner Maschinenpark Voraussetzung ist. Neben ihren traditionellen Absatzmärkten spielen für die westeuropäischen Hersteller von Landmaschinen und Traktoren mittlerweile auch die Schwellenmärkte Asiens, allen voran China, eine große Rolle. Die Herausforderung für die Bearbeitung dieser Märkte liegt neben einigen spezifischen Kundenanforderungen darin, einen geeigneten Marktzugang zu finden, um mit den steigenden tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen zurechtzukommen.
Literatur
[ 1] VDMA Landtechnik
[ 2] Nationales Statistikamt, VDMA
Bibliografische Angaben / Bibliographic Information
Empfohlene Zitierweise / Recommended Form of Citation
Wiesendorfer, Gerd: Die konjunkturelle Entwicklung der Landtechnikindustrie. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2012. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2012. – S. 1-9
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http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00043431
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