Article in yearbook 2017
Automation Engineering Digitalisation with communication systems
Technische Entwicklungen im Bereich der Kommunikationssysteme
Das Handlungsfeld Kommunikationssysteme ist ein breites Entwicklungsgebiet, in dem im
abgelaufenen Jahr umfangreiche technische Innovationen zu beobachten waren. Hersteller von Landtechnik und landwirtschaftlicher Software beklagen seit einigen Jahren Inkompatibilitäten der Systeme. Landwirte und Lohnunternehmer fordern andererseits maximalen
Datenschutz und Selbstbestimmung darüber, welche Daten aufgezeichnet und an welche Software sie weitergegeben werden. Dazu erfolgte die Entwicklung des agrirouter [2] der DKE-Data, um diese grundlegenden Probleme zu bewältigen. Ein Zusammenschluss aus
zahlreichen Landtechnik-Herstellern hat eine Infrastruktur geschaffen, um die Vermittlung landwirtschaftlicher Daten an die unterschiedlichen Prozessbeteiligten und Systeme unter Steuerung des Landwirts zu realisieren.
Bild 1: Vernetzung der landwirtschaftlichen Akteure [2].
Figure 1: Network for agricultural partners [2].
Neben dem derzeit größten gemeinschaftlichen Projekt zum Datenmanagement ist der Ruf nach Digitalisierung der Landwirtschaft ungebrochen. Entwicklungen im Bereich der Automatisierung und die Vorstellung von Prototypen autonomer Fahrzeuge, Roboter und landwirtschaftlicher Drohnen führen dazu, dass Software eine weiter steigende Bedeutung erlangt. Gerade der Einsatz mannloser Fahrzeuge und Bearbeitungswerkzeuge stellt hohe
Anforderungen an Kommunikationssysteme und Datenmanagement. Angefangen von der Auftragsplanung über die Status- und Zustandsüberwachung bis hin zur Fernsteuerung "over the Air" ist der Betrieb einer autonomen Bearbeitungseinheit nur mittels moderner
Kommunikationssysteme möglich.
Neue Mobilfunkstandards, wie z. B. 5G [3], bilden einen Gegenpol zu Entwicklungen lokaler Kommunikationssysteme. Während bisher an lokaler Vernetzung von Maschinen mittels
infrastrukturloser Direktkommunikation gearbeitet wurde, wird die Einführung von 5G neue Effekte auf die Landtechnik haben. Zwar ist nach wie vor davon auszugehen, dass auch neue Mobilfunktechnologien den landwirtschaftlichen Raum nicht vollständig erschließen, aber die Mischung aus Infrastrukturbetrieb und Machine-to-Machine-Kommunikation
mittels Mobilfunkmasten (lokal) schafft neue Möglichkeiten. Ein Anwendungsbeispiel ist die Warnung von PKW-Fahrern vor langsamen landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die sich in Transportstellung auf den Straßen befinden.
Entwicklungen im Bereich des taktilen Internets und mobiler Kommunikationssysteme sind ebenso für die Erforschung und Entwicklung von landwirtschaftlichen Roboter-"Swarms" notwendig. Ausgewählte landwirtschaftliche Prozesse, die nicht zeit- bzw. leistungskritisch sind, könnten zukünftig von einer Vielzahl kleinerer autonomer Bearbeitungseinheiten durchgeführt werden. Diese Bearbeitungseinheiten müssen sich dann mittels taktilem Internet innerhalb von Millisekunden steuern und koordinieren lassen. Eine leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur ist in jedem Falle die Basis für weitere Prozessautomatisierung in der Landtechnik.
Enorme Entwicklungen finden im Bereich der mobilen Endgeräte statt. Während bisher oftmals nur die mobile Internetverbindung und die GPS-Positionsbestimmung genutzt wurden, entwickeln mittlerweile viele Hersteller landwirtschaftlicher Software nach responsivem Design, sodass sich herkömmliche Webseiten auf Smartphones wie native Apps verhalten. Weitergehend werden die Dienste und Apps vermehrt mit Bildern oder weiteren externen Daten angereichert. Als Technologien kommen vermehrt Bluetooth Beacons, Digitalbilder und selbstlernende Algorithmen mit künstlicher Intelligenz zum Einsatz. Erste Anwendungen analysieren z. B. Blattkrankheiten oder dokumentieren Arbeitsprozesse von Maschinen ohne Elektronik mittels Beschleunigungs-, Vibrations- und Geschwindigkeitsmessungen, kombiniert mit Smartphone-Daten [4].
Moderne Kommunikationssysteme ermöglichen die Entwicklung von Fernwartungslösungen, Hilfesystemen (z. B. für ISOBUS-Terminals), Maschinen-Einstellungs-Assistenten (z. B. für Mähdrescher) und neuartigen Services.
Diese Entwicklungen treiben den Wandel in Geschäftsmodellen voran. Während Maschinen bisher über Händler zum Endkunden verkauft wurden, werden digitale Lösungen und
Dienste direkt vom Hersteller an Endkunden vermarktet. Die Vermarktung vom einmaligen Verkauf einer Maschine wandelt sich hin zu einer leistungsbezogenen Abrechnung von Dienstleistungen oder Maschineneigenschaften.
Die technischen Entwicklungsmöglichkeiten durch moderne Kommunikationssysteme und die Digitalisierung sind nahezu unbegrenzt. Diese Entwicklungen erfordern allerdings
Umstrukturierungen heutiger Prozesse. In diesem Entwicklungsbereich stecken weiterhin enorme Optimierungspotenziale.
Handlungsfelder der Digitalisierung
Im Jahr 2017 haben Lieferanten, Komponentenhersteller und Maschinenhersteller intensiv an der Digitalisierung ihrer Produkte gearbeitet. Die Handlungsfelder waren geprägt von
folgenden Schwerpunkten:
· Connectivity,
· Webbasierte Dienste und Anwendungen,
· Security,
· Datenschutz,
· Big Data.
Im ersten Handlungsfeld, der Connectivity, gilt es die Maschinen und Traktoren mit einer
mobilen Internetverbindung und Kommunikationsschnittstelle auszustatten. Dazu übermitteln die Maschinen die prägnanten Status- und Prozessinformationen an ein Telematik-Steuergerät, einen Bluetooth Beacon oder an ein mobiles Endgerät wie z. B. ein Tablet oder Smartphone. Von dort aus werden die Informationen an eine Agrar-Software übermittelt.
Im zweiten Handlungsfeld, den webbasierten Diensten und Anwendungen, erfolgt der Empfang der Maschinendaten, die Weiterverarbeitung und die Ableitung von Entscheidungs-unterstützung für Landwirte und Lohnunternehmer. Von der einfachen Ackerschlagkartei bis hin zum komplexen Dienst zur Erstellung von Applikationskarten für die Düngung ist dieses Handlungsfeld geprägt von umfangreicher Software und mobilen Apps für Smartphones.
Das dritte Handlungsfeld, die Security, ist seit 2016 aus den Entwicklungsabteilungen der
Hersteller nicht mehr wegzudenken. Moderne Kommunikationssysteme in Landmaschinen sollen sich eindeutig und fälschungssicher identifizieren können. An dieser Stelle hat sich 2017 unter der Leitung der Agricutural Industry Electronics Foundation, kurz AEF [5], eine Branchenlösung entwickelt. Mit Hilfe eines speziellen Security-Treibers, der in die Steuergeräte und Terminals der Maschinen integriert wird, lassen sich entsprechende Sicherheitsmechanismen etablieren. Diese Entwicklungen dienen der Branche als Basis um zukünftige Systeme, wie z. B. Tractor Implement Management (TIM) oder High-Speed ISOBUS, abzusichern. Dieses Handlungsfeld erlangt gerade mit der Ausbreitung von Connectivity eine steigende Bedeutung.
Datenschutz ist das vierte große Handlungsfeld, das die Hersteller derzeit bearbeiten. Im April 2018 tritt die neue Datenschutz-Grundverordnung [6] der Europäischen Union in Kraft. Diese neue Verordnung erhebt Ansprüche an die Verarbeitung und Speicherung von
personenbezogenen Daten und gibt klare Hinweise zum Umgang mit maschinenbezogenen Daten. Die Hersteller überarbeiten aus diesem Grund die landwirtschaftliche Anwendungssoftware, um die neuen Maßgaben der Datenschutzverordnung erfüllen zu können.
Um den vollumfänglichen Nutzen aus der Digitalisierung zu ziehen, gilt es mit den Methoden von Big Data und Business Analytik aus den Daten notwendige Informationen zu generieren und damit automatisiert Wissen und Handlungsempfehlungen bereitstellen zu können.
Marktentwicklungen für digitale Lösungen
"Digitalisierung und Landwirtschaft 4.0 sind die Megatrends" [7] der aktuellen Zeit, so schreibt der Lohnunternehmen Trend-Report 2017. Bei Landwirten und Lohnunternehmern kommen vermehrt elektronische Lösungen zum Einsatz. Mittlerweile berichten 75% der Betriebe, dass der ISOBUS Einzug gehalten hat. Weitergehend sind GPS-gestützte Lenksysteme bei mehr als der Hälfte der Betriebe im Einsatz. Beachtlich ist, dass mittlerweile oftmals Korrektursignale für Lenksysteme mittels einer klassischen Mobilfunkverbindung über das Handynetz bezogen werden. 86 % der Befragten berichten dabei von guter bis weitgehend flächendeckender Netzabdeckung. Moderne Kommunikationssysteme sind großflächig bei Landwirten und Lohnunternehmern im Einsatz.
Bild 2: Umfrage Digitalisierung und Landwirtschaft 4.0 [7].
Figure 2: Survey Digitalisation and Farming 4.0 [7].
Neben den Maschinenfunktionen zur Bedienung und zur Lenkung stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Software, Apps und Diensten. Im Bereich der Lohnunternehmer setzen gemäß LU Trend-Report derzeit 34 % der Lohnunternehmer auf Software zur elektronischen Dokumentation von Feldarbeiten. Der Aufwärtstrend zum Einsatz von digitalen Lösungen ist ungebrochen.
Insbesondere im Marktsegment der Softwareanbieter für landwirtschaftliche Anwendungen ist derzeit eine hohe Dynamik festzustellen. Die klassischen Anbieter schwenken allesamt von PC-basierter Desktop-Software zu webbasierten Lösungen um. Die Anzahl der Softwarehersteller nimmt weiter zu. In der gesamten EU, aber auch in Nordamerika, steigt die Zahl der Unternehmen, die sich mit landwirtschaftlicher Software beschäftigen.
Die Strategien der Anbieter sind dabei unterschiedlich. Einige Unternehmen zielen auf eine regional optimierte Ackerschlagkartei ab, während andere Unternehmen an Softwarelösungen, Apps, Diensten und Services für spezielle Aufgabenstellungen arbeiten.
Die Agritechnica 2017 zeigte, dass mittlerweile auch ausländische Hersteller von
Softwarelösungen auf den europäischen Markt strömen. Weitergehend arbeiten Saatgut- und Pflanzenschutzmittelhersteller an Apps und Diensten, die den Landwirt bei seinen
täglichen Arbeiten unterstützen. Ein prägnantes Beispiel ist eine neue Smartphone App, die zur Erkennung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall genutzt werden kann.
Bild 3: App zur Analyse von Blattkrankheiten [8].
Figure 3: App for analyses of plant diseases [8].
Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen, wie z. B. der Düngeverordnung, werden sich regionale Expertenlösungen entwickeln. Dienste und Apps werden zukünftig elementarer Bestandteil einer Maschine werden. Durch den Agrirouter, also die unabhängige und neutrale Datendrehscheibe, wird die Integration und Kombinatorik unterschiedlichster Maschinen und Softwarelösungen deutlich zunehmen. Moderne Kommunikationssysteme, Datenmanagement und Robotik ermöglichen zukünftig weitere Automatisierung.
Zusammenfassung
Die rasante Entwicklung im Bereich der Kommunikationssysteme, der Digitalisierung und des Farming 4.0 setzt sich fort. Leistungsfähige Infrastrukturen, wie z. B. neue Mobilfunkstandards 4G/5G und lokale, infrastrukturlose Kommunikationsfunktionen mittels WLAN,
bilden die Grundlage für Datenmanagement-Lösungen. Maschinen mit Telemetrie-Modulen, Terminals mit Online-Connectivity und moderne webbasierte landwirtschaftliche Anwendungssoftware ermöglichen die effiziente Planung, Steuerung und Nachkalkulation der landwirtschaftlichen Arbeiten. Datenschutz und Security sind mittlerweile durch gesetzliche
Anforderungen fest verankert und herstellerübergreifender, neutraler und online-basierter Datenaustausch mit freier Selbstbestimmung für Landwirte und Lohnunternehmer umgesetzt.
Big Data und Business Analytik werden zukünftig erhebliche Verbesserungen der landwirtschaftlichen Prozesse ermöglichen. Diese digitalen Lösungen sind die Grundlage für die Entwicklung und den Betrieb neuer landwirtschaftlicher Bearbeitungsverfahren, von der Automatisierung über Drohnen und Feldschwärme bis hin zur weiteren Robotik.
Kommunikationssysteme und Datenmanagement tragen in den nächsten Jahren maßgeblich zur Optimierung der Landwirtschaft bei.
Literatur
[1] Grothues, P. DLG Service GmbH. URL – https://www.agritechnica.com/de/ - Zugriff am: 11.12.2017.
[2] Sonnen, J.; Möller, J. DKE-Data GmbH & Co. KG. URL – https://my-agrirouter.com/startseite/ - Zugriff am: 14.12.2017.
[3] Franchi, N.; Fitzek, F. und Fettweis, G.: Communication in Farming - A View into the future. Hannover, 11.11.2017.
[4] Schramm, H.: Bayer CropScience Deutschland GmbH. URL –https://agrar.bayer.de/Apps/Bestimmer/Schaedlinge - Zugriff am: 14.12.2017.
[5] Schlingmann, N. Agricultural Industry Electronics Foundation e.V. URL –http://www.aef-online.org/home.html - Zugriff am: 15.11.2017.
[6] Logemann, T. Intersoft Consulting. URL – https://dsgvo-gesetz.de/ - Zugriff am 04.12.2017.
[7] Noordhof, J.: LU Trend-Report: Datenmanagement 2017. Beckmann Verlag. URL – https://lu-web.de/redaktion/news/lu-trend-report-datenmanagement-2017-1/ - Zugriff am: 08.11.2017.
[8] N.N.: BASF entwickelt App zur Blattanalyse von Getreidekrankheiten. BA SF SE. URL – https://www.agrar.basf.de/agroportal/de/de/news/presse/basf-entwickelt-app-zur-blattanalyse-von-getreidekrankheiten-348416.html - Zugriff am: 30.05.2017.