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Traktoren Motoren und Getriebe bei Traktoren
Jahrbuch Agrartechnik 2016
Traktoren
Motoren und Getriebe bei Traktoren
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Motoren und Getriebe bei Traktoren
Marcus Geimer, Teilinstitut Mobile Arbeitsmaschinen, Karlsruher Institut für Technologie
Karl Theodor Renius, Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik, Technische Universität München
Roger Stirnimann, Berner Fachhochschule, Bern
Kurzfassung
Zugleistungsversuche der DLG beweisen erneut die hohe Energieeffizienz stufenloser Trak-torgetriebe. Neue Ansätze (Studien) gelten der stufenlosen Regelung von Allradantrieben. Die Emissionsverordnung EU Stufe V (Tafel) reglementiert erstmalig alle Leistungsklassen der Verbrennungsmotoren. Aufgrund der jetzt limitierten Partikelanzahl wird im Leistungsbe-reich zwischen 19 und 560 kW der allgemeine Einsatz von Dieselpartikelfiltern erwartet. Traktor-Dieselmotoren nähern sich insgesamt technisch denen großer Lkw-Motoren an, auch bezüglich der effektiven Mitteldrücke. ZF hat ein neues Stufengetriebe mit 6-fach-Lastschaltung eingeführt (Getriebeplan) und seine stufenlosen Baureihen weiterentwickelt. Das CVT von ARGO, Konzept VDS, hat Serienstand erreicht (Getriebeplan). John Deere präsentierte einen batteriegetriebenen 140 kW-Traktor als Studie.
Schlüsselwörter
Dieselmotor, Emissionen, Effizienz, Lastschaltung, CVT, elektrische Fahrantriebe
Tractor Engines and Transmission
Marcus Geimer, Mobile Machines, Karlsruhe Institute of Technology
Karl Theodor Renius, Chair of Automotive Technology, Technical University of Munich
Roger Stirnimann, Bern University of Applied Sciences, Bern
Abstract
DLG's performance tests demonstrate again the outstanding efficiency of tractor CVT's. New approaches (study phase) are addressing continuously working 4WD control systems. For the first time, the Emission Regulation EU Stage V includes all performance classes of inter-nal combustion engines. Due to the now limited number of particles in the power range between 19 and 560 kW, a general use of diesel particulate filters is expected. Technologies of tractor Diesel engines are more and more identical with those of large truck engines, also regarding mean effective pressures. ZF has introduced a new stepped transmission with 6 power shifted speeds (transmission map), also improved its CVT portfolio. The CVT of ARGO (design base VDS) is ready for series production (transmission map). John Deere presented a battery driven 140 kW tractor as a study.
Keywords
Tractor, Diesel engine, emissions, transmission, power shift, CVT, electric drives
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Übersichten Antriebsstrang und Zapfwelle
Im Auftrag der Zeitschrift profi machte das DLG Testzentrum in Groß Umstadt Vergleichs-versuche mit stufenlos angetriebenen Traktoren von 6 Herstellern [1]. Die auf Beton ab 6 km/h ermittelten Zugleistungen wurden auf gemessene Zapfwellenleistungen bezogen, ein Fendt 720 Vario und ein New Holland T7.230 AC erreichten durchschnittlich 85% sowie sehr günstige spezifische Kraftstoffverbräuche (ab 265g je kWh Zugleistung).
Das dynamische Verhalten von Antriebssträngen wurde unter besonderer Berücksichtigung sehr harter Zapfwelleneinsätze an einem Claas Xerion untersucht [2].
Bei Standardtraktoren ist die Frontachsdrehzahl bei eingeschaltetem Allradantrieb mit der Drehzahl der Hinterachse fest gekoppelt. Der hydrostatische Frontantrieb von John Deere bot seinerzeit (ab 1969) entkoppelte Drehzahlen, wurde aber aus anderen Gründen verlas-sen. 1986 hatte Kubota eine einstufige Overdrive-Lösung für enge Kurven vorgestellt [3], die in Japan populär wurde, Bild 1a. Grad [4] und Brenninger [5] hatten eine stufenlose Verstel-lung der Drehzahlrelation mit Hilfe eines kleinen mechanisch-hydrostatischen Überlage-rungsgetriebes entwickelt, Bild 1b. Die hydrostatischen Einspeiseleistungen waren klein, das Praxisverhalten an einem Fendt Traktor sehr gut. In [6] wurde erneut ein Planeten-Überlagerungsgetriebe vorgeschlagen - jetzt als mechanisch-elektrische Lösung, Bild 1c. Bei Gradeausfahrt unter hoher Zuglast kann das Sonnenritzel durch eine Kupplung vorteil-haft festgelegt werden, der E-Motor steht still und benötigt keine Leistung.
2015 führte Fendt mit der Baureihe 1000 einen stufenlos geregelten Allradantrieb ein [7].
Bild 1a (links): Einstufiger Frontachse-Overdrive für enge Kurven bei Feldarbeiten, Kubota 1986 [3].
Figure 1a (left): One step front axle overdrive for sharp turns off-road, Kubota 1986 [3].
Bild 1b (Mitte): Stufenlos geregelter Frontantrieb der TU München nach Grad [4] und Brenninger [5].
Figure 1b (mid): Infinitely controlled front drive of TU Munich after Grad [4] and Brenninger [5].
Bild 1c (rechts): Stufenlos geregelter Frontantrieb, Vorschlag John Deere 2016, nach [6] gezeichnet.
Figure 1c (right): Infinitely controlled front drive, proposed by John Deere, drawing after [6].
Im Forschungsprojekt "Line Traction" wird ein Überlagerungsgetriebe ohne Differentiale un-tersucht, Bild 2. Hierzu befindet sich vor jedem Rad ein Planetengetriebe, dessen Hohlrad sich auf einer hydrostatischen Einheit abstützt. Durch die kontrollierte Verdrehung der Hohl-räder können die Raddrehzahlen oder Drehmomente gesteuert werden. Damit können belie-bige Längs- und Querverteilungen der Drehmomente realisiert werden [8].
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Bild 2: "Line Traction" Antriebsstrang ohne Differenzialgetriebe.
Figure 2: "Line Traction" drive train without differentials.
Dieselmotoren
Die Verordnung (EU) 2016/1628 zur Reglementierung der Emissionen von Verbrennungs-motoren (EU Stufe V) wurde am 16. September 2016 im EU Amtsblatt veröffentlicht und ist 20 Tage später in Kraft getreten [9]. Eine Veröffentlichung der Test- und Prüfbedingungen zur Erlangung einer Typgenehmigung wird im 2. Quartal 2017 erwartet [10].
Eine Typgenehmigung ist ab 2018/2019 für alle Motoren erforderlich, damit auch erstmalig unter 19 und über 560 kW Leistung. CO, HC und NOx-Grenzwerte der Leistungsklassen 37 bis 560 kW werden wenig verändert, aber erstmalig wird für Motoren von 19 bis 560 kW die Partikelanzahl reglementiert, Tafel 1. Die Hersteller stellen sich bereits darauf ein [11; 12].
Tafel 1: Emissionsvergleich EU: aktuelle Grenzwerte und Werte der zukünftigen Stufe V.
Table 1: Development of emission limits EU: actual values and values of future stage V.
StufeCO[g/kWh]HC[g/kWh] NOx[g/kWh]PM[g/kWh]CO[g/kWh]HC[g/kWh]NOx[g/kWh]PM[g/kWh]PN[1/kWh]0 < P < 8-----8,00,4-8 ≤ P < 19-----6,00,4-19 ≤ P < 37IIIA5,50,65,00,0151x101237 ≤ P < 56IIIB5,00,035,00,0151x101256 ≤ P < 130IV5,00,190,40,0255,00,190,40,0151x101275 ≤ P < 130IV5,00,190,40,0255,00,190,40,0151x1012130 ≤ P < 560IV3,50,190,40,0253,50,190,40,0151x1012>560-----3,50,193,50,045-4,74,7Leistung[kW]Letzte gültige StufeStufe V7,57,57,54,7
Eine direkte Gegenüberstellung von PKW, NFZ und mobilen Arbeitsmaschinen mit den je-weils gültigen EU-Emissionsrichtlinien ist aufgrund unterschiedlicher Bezugsgrößen nicht
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unmittelbar möglich, Tafel 2. [13] zeigt Ansätze für eine Umrechnung. PKWs können danach bestenfalls so gut wie mobile Arbeitsmaschinen sein.
Tafel 2: Vergleich von Emissionsrichtlinien für drei wichtige Fahrzeuggattungen.
Table 2: Comparison of emission directives for three important vehicle groups.
Konnte für frühere Abgasstufen eine Auslegung für die Emissionsrichtlinien durch eine soge-nannte "heiße" oder "kalte" Verbrennung mit Inkaufnahme bzw. schwerpunktmäßiger Nach-behandlung von Partikel oder NOx erfolgen [12;14], müssen in der aktuellen Stufe V alle Emissionen gleichermaßen in der Abgasnachbehandlung berücksichtigt werden [12].
Tafel 3: Motor- und Abgastechnologien bei Topmodellen aus ausgewählten Traktorbaureihen (Abgas-stufe IV, Leistungsklassen 75 ≤ P < 130 und 130 ≤ P < 560 kW).
Table 3: Engine and emission technologies of top models out of selected tractor series (Stage IV, power classes 75 ≤ P < 130 und 130 ≤ P < 560 kW).
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Tafel 3 zeigt die Motor- und Abgastechnologien ausgewählter Topmodelle aus Traktorbau-reihen ab 75 kW mit Abgasstufe-4-Motoren in unterschiedlichen Hubraumklassen. Common-Rail-Einspritzung, Vierventiltechnik, Turbolader, Ladeluftkühlung und elektronische Motor-steuerung sind Standard. Bei der Turboaufladung gelten Lader mit Wastegate-Ventil als Ba-sisvariante, zunehmend kommen Systeme mit variabler Turbinengeometrie (VTG) oder zwei seriell geschalteten Ladern zur Anwendung. John Deere setzt bei einigen Motormodellen mit vier und sechs Zylindern (4,5 bis 13,5 l Hubraum) sogar auf eine Kombination von VTG und Serienaufladung. Generell lässt sich beobachten, dass die aufwändigeren Varianten in Kom-bination mit Abgasrückführung verwendet werden. Bei höherem Ladedruck muss teilweise zur Vermeidung von kritischen Verbrennungsdrücken das geometrische Verdichtungsver-hältnis verringert werden [15]. Auch ein Trend zu reduzierten Nenndrehzahlen ist feststellbar, beim Großtraktor Fendt Vario 1000 liegt diese sogar bei tiefen 1.700 min-1. Durch das Herabsetzen der Drehzahl lassen sich in Verbindung mit Downsizing, Verkleinerung des Hubraums und höherer Aufladung der Verbrauch und die Emissionen wesentlich verbessern [14]. Weitere Stellschrauben sind hier bedarfsabhängige Steuerungen von Hilfsaggregaten bis zu Schmierölpumpen [16]. Es fällt auf, dass die Abgastechnologien SCR- und Dieseloxi-dationskatalysator (DOC) bei Abgasstufe-IV-Aggregaten immer vorhanden sind (Ausnahme Fendt Vario 1000). Unterschiede gibt es hingegen bei der Verwendung der Abgasrückfüh-rung (AGR) und Dieselpartikelfilter (DPF). Mit der Abgasstufe V dürfte es nur noch Unter-schiede bezüglich Abgasrückführung (AGR) geben. Damit werden die zukünftigen Motor- und Abgastechnologien bei Traktoren ähnlich aussehen wie diejenigen, die schon heute bei schweren EURO-6-Lastwagen eingesetzt werden [12].
Für die Stufe V sieht Liebherr ein SCR-on-Filter-System mit klassischem DOC- und SCR-Katalysator sowie einem SCR-beschichteten Partikelfilter vor, was dank größerer SCR-Oberfläche höhere NOx-Konversionsraten ermöglicht [17; 18].
Bild 3: Effektive Mitteldrücke bei Nennleistung für Dieselmotoren in aktuellen Traktorbaureihen der Hersteller Claas, Fendt, John Deere, New Holland und Valtra (Abgasstufen IIIB und IV). Figure 3: Mean effective pressures at rated power for diesel engines used in current tractor models of Claas, Fendt, John Deere, New Holland and Valtra (stages IIIB and IV).
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Die Weiterentwicklung der Aufladungstechniken hat zu einem Anstieg der effektiven Mittel-drücke geführt. In [19] wurde der Stand von 1994 für die Motoren der damals führenden An-bieter Case IH, Deutz, Fendt und John Deere in einer Übersichtsgrafik dargestellt. Die dama-ligen Mitteldrücke bei Nennleistung haben sich inzwischen nach [20] erhöht, Bild 3.
Berücksichtigt wurden aktuelle Traktorbaureihen der Hersteller Claas, Fendt, John Deere, New Holland und Valtra, d.h. Motoren von Agco Power, Deutz, DPS, FPT und MAN (Abgas-stufen IIIB und IV). Das Gesamtbild der mittlerweile ausschließlich aufgeladenen Motoren ist ähnlich wie 1994, aber auf wesentlich höherem Niveau. Bei den 4-Zylinderaggregaten rei-chen die Werte bis 15,5 bar und bei den 6-Zylindern bis 21 bar. Im Betriebspunkt des maxi-malen Drehmomentes betragen sie sogar um 21 bar (4 Zyl.) bzw. um 25 bar (6 Zyl.). Damit sind sie vergleichbar mit denjenigen von schweren Lastwagen mit EURO-6-Motoren.
Gestufte Fahrantriebe
Die Firma ZF hat die Getriebefamilie T 7200 (mit 4-fach Lastschaltung und Vollreversierung) zu zwei Versionen TPT 16 und TPT 20 mit nun sechs unter Last schaltbaren Stufen und noch etwas engerer Stufung (Sprünge 1,18 statt vorher 1,20) weiterentwickelt, Bild 4.
Bild 4: Neue ZF Getriebefamilie TPT 16/20 als Folgegeneration des T 7200, max. ca. 150 kW Ein-gangsleistung, 6/3 Lastschaltstufen vorw./rückw. und 4 oder 5 Fahrbereiche (Fahrbereich 5 mit redu-zierten Motordrehzahlen bei 40/50/60 km/h). Datenquelle: ZF.
Figure 4: New ZF transmission family TPT 16/20 (2016), starting a new generation after the T 7200, max. 150 kW net input power, 6/3 power shifted speeds forw./rev. and 4 or 5 ranges (range 5 with overdrives for 40/50/60 top speeds). Data courtesy ZF.
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Dieses gelang ohne eine Erhöhung der Anzahl der Lamellenkupplungen wenngleich mit jetzt 3 (statt bisher 4) unter Last schaltbaren Rückwärtsgängen. Wegen der vergrößerten Anzahl lastschaltbarer Stufen kommt man nun anstatt mit 6, mit 4 oder 5 Fahrbereichen aus - letzte-rer für Höchstgeschwindigkeiten von 40, 50 oder 60 km/h, die man alle drei bei verminderten Motornenndrehzahlen (1450, 1700 und 2000 U/min) anbieten kann.
Bei geringeren Höchstgeschwindigkeiten kann die Gruppe 5 zu Minderkosten weggelassen werden. Die Kriechgänge sind in der Transportgruppe gesperrt, ihre Benutzung ist auf Zapf-wellenarbeiten beschränkt, schwere Zugarbeiten sind ausgeschlossen. Die Netto-Grenz-leistung (am Getriebeeingang) beträgt für das TPT 20 etwa 150 kW (200 PS). Erster Kunde war Deutz-Fahr mit seiner Baureihe 6 in 2016.
Auf der EIMA 2016 stellte John Deere die Baureihe 5R mit einem neuen 8-fach-Lastschalt-getriebe vor (Command8). Im Gegensatz zum «DirectDrive» für die Sechszylinder-Modelle der Baureihe 6R arbeitet es nicht nach dem Doppelkupplungsprinzip, sondern stellt eine Weiterentwicklung des PR-Plus-Getriebes dar (Baureihe 5M). Aus den vier synchronisierten Fahrbereichen und den 4x2-Lastschaltstufen ergeben sich ebenfalls 32 Vorwärts- und 16 Rückwärtsgänge. Das von John Deere ansonsten bevorzugte Reversier-Planetengetriebe mit integrierter Hauptkupplung wird hier nicht benutzt. Interessant bei den neuen 5R-Traktoren ist auch die Integration der Motorölwanne mit dem Frontachsbock zu einem einzi-gen Bauteil, womit die zuweilen schwierige Verschraubung beider Gussteile kostengünstig vermieden wird. Das bedeutet Blockbauweise, ermöglicht aber große Radeinschläge und kleine Wenderadien.
Hydrostatisch-stufenlose Fahrantriebe
Von CNH gab es 2016 Informationen zu den CCM-Stufenlosgetrieben, die in den 2015 vor-gestellten kompakten Großtraktoren-Baureihen New Holland T7 HD, Case IH OPTUM und Steyr TERRUS eingebaut werden. Die Grundstruktur mit 4V/2R-Fahrbereichen und deren Schaltung über eine Doppelkupplung ist grundsätzlich gleich wie bei den darunterliegenden Baureihen (Large-Wheel-Base-Modelle NH T7 / Case IH Puma CVX / Steyr CVT), die Ge-triebe wurden aber für die höheren Motorleistungen ausgelegt. In den Hinterachsen kommen neu Stufenplanetenendantriebe mit größeren Übersetzungsverhältnissen zur Anwendung. Interessant ist auch die verstellbare Tandem-Flügelzellenpumpe für die Getriebeschmierung und -kühlung, dank welcher Leistungsverluste minimiert werden sollen.
In den neuen Baureihen 6 TTV und 7 TTV von Deutz-Fahr kommen weiterhin stufenlose leistungsverzweigte ZF-Getriebe der Bauart Eccom und S-Matic zum Einsatz (Eccom 1.5/1.5HD, S-Matic 180+, S-Matic 240/240 HD). Ein neuer Getriebetyp ZF-Eccom 2.9 für die neuen John Deere Top-Modelle 6230R und 6250R wurde gegenüber dem Eccom 2.4 (6215R) verstärkt (Bosch-Rexroth Schrägscheibe-/Schrägachseeinheit 45/56 ccm).
Im unteren Leistungsbereich nimmt die Anwendungsvielfalt von ZF-Getrieben ebenfalls zu. Lindner setzt nun auch beim Transporter Unitrac 112 LDrive auf stufenlose Getriebetechnik von ZF. Im Gegensatz zum Traktor LINTRAC 90 bezieht man hier nicht die komplette Einheit
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TMT09, sondern nur deren innere Bauteile. Das Getriebe soll in Kooperation mit ZF in Öster-reich gebaut werden (Serienstart geplant Mitte 2017).
Das bereits im Jahrbuch 2014 erwähnte Stufenlosgetriebe VT-Drive von ARGO für die Bau-reihen McCormick X6 und Landini 6C hat Serienreife erreicht und soll 2017 in Produktion gehen, Bild 5. Das Konzept mit drei Fahrbereichen vorwärts und zwei rückwärts wurde in Zusammenarbeit mit der österreichischen Firma VDS entwickelt. Fahrbereich 1 (V/R) arbeitet rein hydrostatisch über eine 45/45ccm-Schrägscheibeneinheit von Bosch-Rexroth.
Bild 5: Neues Stufenlosgetriebe von ARGO für die Baureihen McCormick X6 / Landini 6 (89-103 kW) mit drei Vorwärts- und zwei Rückwärts-Fahrbereichen sowie zusätzlicher Hi-Lo-Gruppenschaltung. Figure 5: New CVT transmission from ARGO for McCormick X6 and Landini 6C series (89-103 kW) with three ranges forward and two reverse in combination with a Hi-Lo collar shift.
Daran schließt ein zweiter, leistungsverzweigter Fahrbereich an, Umschaltung automatisch im Synchronpunkt. Auch der dritte Fahrbereich arbeitet leistungsverzweigt (Lastübergabe von K1 auf K2 bei gleichzeitigem Zurückschwenken der Hydropumpe). Die Summierung fin-det jeweils im linken Planetengetriebeteil statt (primäre Kopplung). Für hohe Zugkräfte und Effizienz im unteren Geschwindigkeitsbereich wurde eine klauengeschaltete Hi-Lo-Gruppe nachgeordnet. Teile davon werden auch für die optionale Wegzapfwelle und den Allradan-trieb genutzt. Dank der direkten hydrostatischen Leistungsübertragung in Fahrbereich 1 ist der Fahrtrichtungswechsel über die Hydropumpe hier sehr einfach steuerbar.
Stufenlose sonstige und hybride Systeme
Gedanken und Potenziale zur Elektrifizierung von Traktoren, Geräten und Baumaschinen wurden mit [21] vorgelegt. Elektrisch-mechanisch leistungsverzweigte Getriebe (siehe Toyo-ta Prius) wurden für Traktoren bisher nicht bekannt. In einer Studie [22] wurde aber gezeigt,
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dass man bei solchen Konzepten elektrische Leistung für Geräte abzweigen könnte [23] mit Wirkungsgradvorteilen gegenüber der hydrostatischen Leistungsübertragung [24].
Ein batteriegetriebener Traktor wurde von John Deere als einsatzfähige Studie vorgestellt [25]. Die große Lithium-Ionen Batterie (ca. 1 t Masse und 673 V Nennspannung, 182 Zellen) hat eine Nenn-Kapazität von 130 kWh. Ein 140 kW-Elektromotor treibt das herkömmliche Fahrgetriebe, ein zweiter die Zapfwelle, die Hydraulikpumpe und die Nebenaggregate. Batte-rieverhalten, Energieverbräuche (Straßenfahrt, Bodenbearbeitung) wurden gemessen und modellgestützt analysiert. "Reichweite" und Batteriekosten bleiben die Herausforderung.
Entwicklungswerkzeuge und konstruktive Grundlagen
Die Ungleichförmigkeit von Dieselmotoren hat sich infolge höherer Leistungsdichte und leicht abgesenkter Drehzahlen erhöht und verlangt nach wirksamen Torsionsdämpfern zwischen Motor und Getriebe, besonders beim Einsatz von Schrägachse-Großwinkelmaschinen in leistungsverzweigten Getrieben. Verfügbare Dämpferkonzepte und deren Verhalten wurden in [26] von Voith und in [27] von ZF beschrieben.
Zusammenfassung
Zugleistungsversuche der DLG beweisen erneut die hohe Energieeffizienz stufenloser Trak-torgetriebe. Die Zugleistungen erreichen bis zu 85 % der Zapfwellenleistungen. Neue Ansät-ze (Studien) gelten der stufenlosen Regelung von Allradantrieben, auch mechanisch-elek-trisch. Die Emissionsverordnung EU Stufe V (Tafel) reglementiert erstmalig alle Leistungs-klassen der Verbrennungsmotoren. Aufgrund limitierter Partikelanzahl wird im Leistungsbe-reich zwischen 19 und 560 kW der allgemeine Einsatz von Dieselpartikelfiltern erwartet. Traktor-Dieselmotoren nähern sich insgesamt technisch große Lkw-Motoren an, auch bezüg-lich der Mitteldrücke. ZF hat ein neues Stufengetriebe mit 6-fach-Lastschaltung eingeführt (Getriebeplan) und seine stufenlosen Baureihen weiterentwickelt. Das Stufenlosgetriebe von ARGO, Konzept VDS, hat Serienstand erreicht (Getriebeplan). John Deere präsentierte als Studie einen voll elektrischen 140 kW-Traktor mit 130 kWh Batterie.
Literatur
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[5] Brenninger, M.: Stufenlos geregelter Allradantrieb für Traktoren. Diss. TUM 2002. Fort-schritt-Berichte VDI Reihe 12, Nr. 256. Düsseldorf: VDI-Verlag 2003.
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[9] (EU) 2016/1628 of the European Parliament and the Council of 14 September 2016 on the requirements to gaseous and particulate pollutant emission limits and type-approval for internal combustion engines for non-road mobile machinery, amending Regulations (EU) No 1024/2012 and (EI) No 167/2013, and amending and repeating Dir. 97/68/EC.
[10] Emissionsgesetzgebung für Mobile Maschinen: EU Stufe V - Fact Sheet, Internet: https://mus.vdma.org/documents/266753/15008694/1474026802231_VDMA_ EU%20Stufe%20V%20Fact%20Sheet_2016-09-16.pdf/53206074-e12d-476a-a28b-d48fa3266a06, Stand 16.09.2016.
[11] Schwaderlapp, M. et al.: Deutz-Motorenpalette für Stufe V, ATZoffhighway, 9 (2016) H. 1 (März), S. 46-52.
[12] Adt, H.-U., Faude, A. und Schneider, B.: EU-Stufe-V von MTU für Land- und Bauma-schinen, ATZ offhighway, 9 (2016) H. 4 (November), S. 26-29.
[13] Geimer, M. und Engelmann, D.: Grüner als gedacht - Land- und Baumaschinen sind führend bei Emissionsreduktionen, Mobile Maschinen, 9 (2016) H. 1, S. 2-4.
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[20] Wyss, M.: Mittlere Verbrennungsdrücke bei modernen Traktormotoren. Semesterarbeit Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften Zollikofen 2016.
[21] Stempfer, G.: System optimization through electrification in agricultural- (and construc-tion-) machinery. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 133-143. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
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[22] Warth, V. et al.: Efficiency analysis of complex continuously variable power split trans-mission with multiple in- and outputs. 16 Internationaler VDI-Kongress Getriebe in Fahrzeugen, Friedrichshafen 21. und 22.06.2016. Tagungsband, S. 719-730.
Siehe auch Reick, B. et al: Analyse eines beispielhaften elektrisch leistungsverzweigten Stufenlosgetriebes (ECVT). Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 35-42. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
[23] Winkelheide, K. und T. Sigges: Die Integration elektrischer Antriebe in eine neue Gene-ration von mobilen Maschinen. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 43-54. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
[24] Gumpoltsberger, G. et al.: ZF Innovationstraktor 2016. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 83-89. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
[25] Kegel, V. und N. Tarasinski: Batterieelektrischer Traktor. Ergebnisse des Feldtests und Simulationsmodell. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 55-60. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
[26] Polifke, G.: Hydrodamp - Hydraulischer Torsionsschwingungsdämpfer für Traktoren. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 69-75. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
[27] Liebst, F. und S. Bindung: ZF Dynadamp - nasser Drehschwingungsdämpfer für Land-maschinenantriebsstränge. Tagung LAND.TECHNIK Köln 22. und 23.11. 2016. In: VDI-Berichte 2273, S. 577-82. Düsseldorf: VDI-Verlag 2016.
Bibliografische Angaben / Bibliographic Information
Wissenschaftliches Review / Scientific Review
Erfolgreiches Review am 13.02.2017
Empfohlene Zitierweise / Recommended Form of Citation
Geimer, Marcus; Renius, Karl Theodor; Stirnimann, Roger: Motoren und Getriebe bei Traktoren. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2016. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2017. S. 1-11
Zitierfähige URL / Citable URL
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