Beitrag in Jahrbuch 2021
Geschichte Über die Entwicklung landtechnischer Lehrbücher in Deutschland
Einleitung
Wenn in einem Lehrbuch der aktuelle Wissensstand eines Fachgebietes auf der Grundlage des Wissensstandes mathematisch-naturwissenschaftlicher Theorien für die Ausbildung aufbereitet wird und dazu Hinweise auf noch bestehende Wissenslücken und Entwicklungstendenzen gegeben werden, dann haben solche Publikationen in der Vergangenheit auch die Ingenieurausbildung von Landtechnikern wesentlich unterstützt. Da die Erarbeitung solcher Lehrbücher, vor allem auch aus der Sicht des Anspruches der ständigen Aktualität sehr aufwendig ist, haben sich in Deutschland auf diesem Gebiet vor allem Lehrer an den höheren Bildungseinrichtungen dieser Aufgabe gestellt. Da sich nur wenige Fachleute zu einer solchen Aufgabe entschließen konnten, ist die Zahl der Lehrbücher von deutschen Autoren überschaubar. Die vorhandenen Publikationen verdienen deshalb angemessene Beachtung und Wertschätzung.
Das erste landtechnische Lehrbuch?
Die erste und gleichzeitig älteste Publikation, die in diesem Rahmen zu betrachten ist, stammt aus der Feder des Begründers der Lehre von der Landwirtschaft als eigenständige Wissenschaft in Deutschland, Albrecht Daniel Thaer, und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts veröffentlicht [1]. THAER schrieb über die „nutzbarsten neuen Ackergeräthe“ in einer Zeit, als die Ausbildung von Landwirten noch in den Anfängen steckte, das Ingenieurwesen sich noch nicht mit den landtechnischen Arbeitsmitteln befasste und in den deutschen Ländern noch keine industrielle Herstellung von Landtechnik existierte. Die beschriebenen „nutzbarsten neuen Ackergeräthe“ sind deshalb vor allem englischen Ursprungs.
Für seine Darstellungen hat THAER in der „Vorrede“ folgenden Anspruch formuliert: „Mein Vorsatz ist und bleibt daher, kein anderes Werkzeug abbilden zu lassen, als solche, von deren Nutzen ich mich selbst überzeugt, deren Gebrauch ich praktisch kennen gelernt und völlig ausstudirt habe. Von diesen Werkzeugen werde ich dann aber so genaue mathematische und vollständige Abbildungen im Ganzen und in einzelnen Theilen geben, dass ein Arbeiter, der den Gebrauch des verjüngten Maassstabes, des Zirkels und Winkelmasses kennt, und die gehörige Aufmerksamkeit darauf wendet, solche nach den Figuren muss verfertigen können.“
Diesem Anspruch ist THAER mit seinen teilweise auch ingenieurmäßig geprägten textlichen und bildlichen Darstellungen, darunter eine noch heute aktuelle Definition für die Pflugarbeit, in vollem Umfang gerecht geworden [2]. Damit ist diese Publikation einerseits ein Handbuch/Kompendium, in dem Funktion, Nutzungsmöglichkeiten und Kosten von aktuellen landtechnischen Arbeitsmitteln beschrieben und gleichzeitig konkrete Anleitungen für deren Herstellung durch die seinerzeit auf diesem Gebiet tätigen Handwerker (Bild 1).
Diesem Beispiel folgend sind in der vorindustriellen Zeit der Landmaschinenherstellung in Deutschland weitere Publikationen mit konkreten Anleitungen/Zeichnungen für eine handwerkliche Herstellung entstanden, darunter die Kataloge der Hohenheimer Ackergerätefabrik. Dem gleichen Zweck dienten die von der Hohenheimer Ackergerätefabrik hergestellten und vertriebenen Modelle [3].
Bild 1: Seiten aus [1]
Figure 1: Pages from [1]
Entwicklung differenzierter landtechnischer Ausbildungsrichtungen
Ausgangspunkt und dominierend war und ist die landtechnische Ausbildung von Landwirten an den landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen, wobei die Lehrer für dieses Fachgebiet zunächst selten aus dem Bereich Technik kamen [4; 5]. Nach [6] war die Universität Halle/Saale die erste landwirtschaftliche Bildungseinrichtung in Deutschland, an der auf Initiative von KÜHN, dem Ordinarius des landwirtschaftlichen Instituts, die technische Ausbildung der Landwirte einem Ingenieur übertragen wurde. Mit dieser Aufgabe war ab 1867 PERELS als Dozent für landwirtschaftliche Maschinen- und Gerätekunde in Halle tätig.
In der Folgezeit wurden auch an den anderen universitären Bildungseinrichtungen in Deutschland immer mehr Ingenieure für die technische Ausbildung der Landwirte wirksam, darunter FÖPPL 1892 in Leipzig, FISCHER 1902 in Berlin, HOLLDACK 1908 in Hohenheim [5]. Ab Beginn des 20. Jahrhunderts haben mehrere Generationen von Ingenieuren, die zunehmend auch als Landtechniker ausgebildet waren, an den agrarwissenschaftlichen Bildungseinrichtungen gewirkt. Ab den 1960er und 1970er Jahren wurde dieses Prinzip in beiden Teilen Deutschlands vielerorts wieder aufgegeben und landtechnisch ausgebildete Landwirte mit dieser Aufgabe betraut [5].
Für die Entwicklung und Herstellung von Landtechnik haben sich die Ingenieure in Deutschland erst relativ spät interessiert. In [7] wird dazu ausgeführt, dass die Maschinenbauingenieure zunächst größere und ihr wichtiger scheinende Aufgaben in Angriff nahmen. „Die Landmaschinen waren ihnen gerade gut genug für den Dorfschmied“ [7].
Die ersten Ingenieure, die für die Entwicklung und Herstellung von Landtechnik tätig wurden, hatten in der Regel keine spezielle landtechnische Ingenieurausbildung.
Einer der ersten Ingenieure in Deutschland, von dem die Notwendigkeit einer speziellen Ingenieurausbildung für die Entwicklung und Herstellung von Landmaschinen erkannt wurde, war PERELS. Da PERELS diese Überlegungen mit einer entsprechenden Lehrtätigkeit und mit der Herausgabe des „Handbuch zur Anlage und Konstruction landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe, für Maschinenfabrikanten, Konstrukteure, für Studierende der Technik etc.“, das im Zeitraum von 1862 bis 1868 in 8 Einzelheften erschien [8], verband, gilt er nach [4; 9] in Deutschland als Begründer der Landmaschinentechnik als eigenständige Ingenieurdisziplin.
Einen ersten Lehrauftrag an einer technischen Bildungseinrichtung, der den landwirtschaftlichen Maschinenbau einschloss, erhielt NACHTWEH 1905 an der Technischen Hochschule Hannover. Ab 1919 hielt FISCHER neben seinen Lehraufgaben für die landtechnische Ausbildung von Landwirten auch Vorlesungen über Landmaschinen vor Ingenieurstudenten an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg [5].
KÜHNE war nach seiner Berufung an die Technische Hochschule München 1924 für die landtechnische Ausbildung von Landwirten und Ingenieuren verantwortlich [4]. In dieser Doppelfunktion wurden die unterschiedlichen Anforderungen an die Ausbildungsrichtungen und Inhalte besonders deutlich wahrgenommen. Von KÜHNE wurde deshalb erstmals eine konsequente Differenzierung vorgenommen zwischen dem an einer Maschinenbau-Fakultät ausgebildeten „Landmaschinen-Ingenieur“, der in der Forschung, Entwicklung und Fertigung von Landmaschinen tätig werden sollte, und dem an einer Landwirtschaftlichen Fakultät ausgebildeten „Land-Ingenieur“, dessen Berufsbild vor allem von der wirtschaftlichen Anwendung der Landtechnik geprägt ist. Eine solche Doppelfunktion gab es in der landtechnischen Ausbildung an der Universität Rostock ab den 1960er Jahren [4; 5].
Da sich mit der Einführung industriemäßiger Produktionsmethoden in der Landwirtschaft der Umfang und die Komplexität der technischen Ausrüstungen in den Landwirtschaftsbetrieben im Osten Deutschlands gravierend erhöhten, wurde dem durch die Differenzierung der landtechnischen Ingenieurausbildung an der Technischen Universität Dresden durch eine Ausbildungsrichtung zum landtechnischen Betriebsingenieur für den Einsatz im Landwirtschaftsbetrieb Rechnung getragen [5].
Landtechnische Lehrbücher für Landwirte
Es ist naheliegend, dass die unterschiedlichen Ausbildungsrichtungen und damit die Lehrinhalte entsprechend differenzierte Lehrmaterialien und ‑bücher erforderten. Durch den relativ großen Umfang der landwirtschaftlichen Ausbildung dominieren die dafür entstandenen Lehrbücher, die in Anpassung an die betreffenden Lehrgebiete zunächst vorzugsweise als landwirtschaftliche Maschinen- und Gerätekunde abgefasst waren.
Eine der ersten Publikationen in Deutschland, die in diesem Sinne eingeordnet werden kann, ist das Buch von HAMM aus dem Jahr 1845, in dem er die landwirtschaftlichen Maschinen Englands beschreibt [10]. In dieser Publikation werden die landtechnischen Arbeitsmittel dieser Zeit in Handgeräte, Spanngeräte und Maschinen gegliedert. Das Ziel dieser Publikation wird im Vorwort wie folgt definiert: „Den deutschen Landwirth mit dem regen Erfindungsgeist, mit den Fortschritten der landwisrthschaftlichen Mechanik und ihrer Dependenzen in England bekannt zu machen und demselben zugleich eine übersichtliche Darstellung der Landwirthschaft Britanniens zu geben, ist der Zweck meines Werkes.“
Das von HAMM beschriebene englische Landtechnik-Sortiment kam zunehmend in ähnlicher Form auch in Deutschland in Anwendung. Obwohl diese Publikation nicht als Lehrbuch angelegt war, wird sie nach Meinung des Autors dem oben definierten Anspruch an ein Lehrbuch gerecht und wurde sicherlich auch in diesem Sinne verwendet. 1858 erschien eine 2. Auflage, die in den Publikationen bis Anfang des 20. Jahrhunderts häufig zitiert wird.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in Deutschland eine umfangreiche Publikationstätigkeit auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen ein, an der vor allem die in ihrer Anzahl zunehmenden Lehrbeauftragten für dieses Fachgebiet mit der Herausgabe entsprechender Lehrbücher beteiligt waren. Darunter die Publikationen von WÜST [11], STRECKER [12], FISCHER [13], HOLLDACK [14] und SEGLER [15]. Ein zunächst krönender Abschluss dieser Publikationstätigkeit ist zweifellos das von DENCKER Anfang der 1960er Jahre herausgegebene „Handbuch der Landtechnik“ [16].
Die in dieser Zeit und auch später als Lehrbeauftragte für die landtechnische Ausbildung der Landwirte wirkenden Ingenieure haben in ihren Lehrbüchern auf der Grundlage des zunehmenden landtechnischen Theorienbestandes immer mehr auch ingenieurmäßige Darstellungsweisen angewendet, so dass diese Publikationen bei den landtechnischen Ingenieurstudenten ebenfalls Interesse fanden. Das betrifft unter anderem die Publikationen [16-19] und auch [20], die mit dem Titel „Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion“ als eines der neuesten Lehrbücher ebenfalls in dieser Kategorie eingeordnet werden kann.
Ein Lehrbuch für Landwirte und Ingenieure
Das von PERELS in Verbindung mit seiner Lehrtätigkeit an der Berliner Gewerbeakademie, der späteren Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, auf dem Gebiet der Landmaschinentechnik für angehende Ingenieure in den 1860er Jahren entstandene Lehrmaterial [8] gilt als das erste Lehrbuch in Deutschland für dieses Ausbildungsgebiet. [4; 9; 21]
Bereits davor war 1861 ein Buch unter dem Titel „Die neueren und wichtigeren landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthe, ihre Theorie, Konstruktion, Wirkungsweise und Anwendung“ erschienen [22]. Die Zivil-Ingenieure und Fabrikanten landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte SCHNEITLER und ANDREE hatten dieses „Handbuch der landwirthschaftlichen Maschinen- und Geräthekunde zum Selbststudium und Unterricht“ bereits 1857 in einem Prospekt angekündigt. Dem Buch ist das Lieferprogramm ihrer in Berlin angesiedelten Fabrik beigefügt.
Als Konstrukteure und Hersteller war das Anliegen der Autoren, „den gegenwärtigen Stand des landwirthschaftlichen Maschinewesens darzustellen“ und dabei „neben der Theorie und Constuction der Maschinen und Geräthe die Wirkungsweise und Anwendung derselben nur kurz anzudeuten“ mit dem Hinweis, dass die „Details jeder Maschine für den Constructeur“ und „die eingehende Darlegung des Gebrauchs“ „besonderen Darstellungen vorbehalten sein müssen.“ [22 - Vorwort].
In einer Einleitung von 44 Seiten werden wesentliche Grundlagen der Physik und Mechanik vermittelt und die in der Landtechnik verwendeten Maschinenelemente behandelt. Dazu kommen die für die Herstellung von Landtechnik verwendeten Werkstoffe und die Eigenschaften wichtiger landwirtschaftlicher Stoffe, die mit dieser Technik zu bearbeiten sind. Dargestellt sind außerdem die Leistungsfähigkeit von Mensch und Tier und die für die Umsetzung der Muskelkräfte in Zug- und Drehantriebe erforderlichen Gerätschaften. Während des Druckes wurde in Preußen das Maßsystem geändert. In der Publikation werden noch die alten Maße verwendet. So ist beispielsweise die Arbeit in „FußPfund“ angegeben.
Die Beschreibung der technischen Lösungen ist vielfach durch theoretische Betrachtungen mit teilweise beachtlichem mathematischen Gehalt untermauert (Bild 2). Behandelt ist das gesamte aktuelle Sortiment, das von den Handgeräten bis zu den Dampflokomobilen reicht, wobei die Bodenbearbeitungsgeräte mit etwa 42 % des Umfanges den Schwerpunkt bilden. Obwohl mit dieser Publikation auch für die Studierenden dieser Zeit etwas geboten wird, haben die Autoren als Fabrikanten sicherlich andere Zielgruppen im Vordergrund gesehen.
Im Gegensatz dazu sah sich PERELS bereits nach relativ kurzer Zeit veranlasst, eine überarbeitete Neuauflage seiner eindeutig als Lehrbuch adressierten Publikation herauszugeben. Sie erschien 1880 unter dem Titel „Handbuch des Landwirthschaftlichen Maschinenwesens“ in zwei Bänden [23] und stellt im Vorwort fest: „Die erste Auflage dieser Arbeit erschien zu einer Zeit, als das landwirthschaftliche Maschinenwesen sich noch in voller Entwicklung befand. Viele Geräthe und Maschinen, welche heute allen Anforderungen entsprechen, waren noch in dem ersten Stadium ihrer Ausbildung.“
Die Zielgruppe definiert der Autor wie folgt: „Bei der Neubearbeitung des vorliegenden Handbuches stellte ich mir die Aufgabe, dem Landwirth und Maschinentechniker den jetzigen Standpunkt des landwirthschaftlichen Maschinenwesens vorzuführen...“ „Es musste hierbei der Grundsatz festgehalten werden, nur solche Geräthe und Maschinen darzustellen, welche sich im practischen Betriebe unter den entsprechenden wirthschaftlichen und Bodenverhältnissen durchaus bewährt haben...“
Damit war nach Meinung von SOUCEK, von dem diese Publikation in [21] in umfassender Form bewertet und gewürdigt wird, ein Buch entstanden, das für Landwirte und Techniker gleichermaßen geeignet ist, was in der Folgezeit nicht mehr erreicht wurde. Das Handbuch von PERELS wird in [21] als das erste deutschsprachige Lehrbuch eingeordnet, das einen vollständigen Überblick zum Stand der Landmaschinentechnik als Einheit von Antriebsquelle und Arbeitsmaschine aus ingenieurtechnischer Sicht vermittelt. Das Gebiet der Landmaschinen ist darin erstmals nach landwirtschaftstechnologischen und ingenieurtechnischen Gesichtspunkten geordnet und mit lehrmethodischen Fragen durchdrungen behandelt und hat damit Langzeitwirkung.
Bild 2: Seiten aus [22] mit theoretischen Betrachtungen zu den Arbeitsflächen des Pfluges
Figure 2: Pages from [22] with theoretical considerations on the working surfaces of the plough
Es werden an Hand von technischen Zeichnungen die Stoffeigenschaften und Vorgänge bei der Stoffbearbeitung sowie der konstruktive Aufbau, die Beanspruchung der Bauteile, die zweckmäßigen Werkstoffe, die wirtschaftliche Fertigung und die teilweise verwickelten mechanisch-technologischen Arbeitsgänge betrachtet. Die Arbeitsmaschine ist bereits durch die beiden Operationen Ortsänderung oder Formänderung des Stoffes, die einzeln oder gemeinsam ablaufen, charakterisiert [21].
Die Abschnitte über die animalischen Motoren, wo alles über die Arbeitsfähigkeit von Mensch, Pferd, Maultier und Rind zu finden ist, und die dazugehörigen Hand- und Gespanngeräte sucht man in späteren Publikationen vergeblich. Sie entsprachen nach Meinung von SOUCEK weitgehend einem zeitgemäßen Lehrbuch für die aktuelle Landbewirtschaftung in zahlreichen Regionen der Welt [21].
Obwohl es zu dieser Zeit auch in Deutschland bereits einige bemerkenswerte Landmaschinenhersteller mit entsprechenden Erzeugnisprogrammen gab, basieren die Darstellungen von PERELS noch hochgradig auf englischen und amerikanischen Erzeugnissen. Neben den Antrieben durch Mensch und Tier waren die Dampfantriebe auf dem Vormarsch, wobei nach [23] mit dem Zweimaschinen-Seilzugsystem auch für die mobile Anwendung, zumindest bei der Pflugarbeit, eine tragfähige Lösung gefunden war.
Eine Funktionstheorie, wie sie heute für die meisten Wirkvorgänge existiert, ist bei PERELS noch nicht zu finden. Somit stellt auch der Autor in seinem Vorwort fest: „Trotzdem sind wir noch keineswegs beim Abschlusse; einige Maschinen und Geräthe, deren Bedeutung allseitig anerkannt wird, erfüllen ihre Aufgabe zur Zeit noch nicht in befriedigender Weise.“
Das Lehrbuch für Ingenieure
50 Jahre später erschien das zweibändige Lehrbuch von KÜHNE „Handbuch der Landmaschinentechnik – Für Studierende, Ingenieure und maschinentechnisch unterrichtete Landwirte“ [24]. In seinem Vorwort schreibt der Autor: „Die bisherige Buchliteratur, welche die Landmaschinen behandelt, beschäftigt sich vorwiegend mit der Beschreibung von Ausführungsbeispielen und der Schilderung ihrer Arbeitsweise, sowie mit Fragen der wirtschaftlichen Anwendung der Maschine in der Landwirtschaft. Dagegen fehlt bis heute eine zusammenfassende Arbeit, die den konstruktiven Aufbau der Landmaschinen betont, die Fragen nach der Beanspruchung einzelner Bauteile, nach den zweckmäßigen Werkstoffen und der wirtschaftlichen Fertigung beantwortet und welche die z. T. verwickelten mechanisch-technologischen Arbeitsvorgänge in ihren Einzelheiten verfolgt...“ „Das vorliegende Buch versucht diese Lücke des maschinentechnischen Schrifttums zu schließen.“
Auch wenn sich bereits PERELS keineswegs auf die „Beschreibung“ beschränkt hat, ist das Lehrbuch von KÜHNE zweifellos ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung einer ingenieurmäßigen Behandlung der Landmaschinentechnik, bei der vom Autor der Landwirt als Interessent und Nutzer nicht ausgeschlossen wird.
Neben Prinzipdarstellungen zur Funktion und Arbeitsweise und dem Kräftespiel an den Funktionselementen und Maschinen dominiert auch in diesem Buch die Beschreibung von praxistauglichen Erzeugnissen, die hauptsächlich auf der Grundlage von exakten technischen Zeichnungen für einzelne Baugruppen oder die gesamte Maschine, vorzugsweise von deutschen Herstellern, erfolgt und besonderes Augenmerk auf die landtechnischen Maschinenelemente verwendet. Dazu kommen Hinweise auf die Beanspruchungen und die anzuwendenden Werkstoffe. In großem Umfang wird auf Prüfergebnisse von vorhandenen Maschinen, die durch ein gut entwickeltes Prüfwesen in dieser Zeit reichlich verfügbar waren, Bezug genommen.
Zugenommen hat die Untersetzung der Darstellungen durch mathematische Beziehungen. Erste funktionstheoretische Betrachtungen sind zu finden. Insgesamt befindet sich diese Seite des landtechnischen Ingenieurwesens jedoch noch in den Anfängen (Bild 3).
Bild 3: Entwicklungstendenz für das theoretische Fundament der Landtechnik nach [26]
Figure 3: Development trend for the theoretical basis of agricultural engineering according to [26]
Handgeräte spielen in diesem Lehrbuch keine Rolle. Für den mobilen Bereich dominiert der Gespannzug. Die Dampfantriebe werden mit dem Zweimaschinen-Dampfseilzug-System dargestellt. Seit mehr als einem Jahrzehnt wurde in Deutschland mit den Motortragpflügen auf der Basis des Verbrennungsmotors experimentiert. Sie werden mit Hinweis auf die Grenzen dieses Konzepts relativ ausführlich behandelt. Ebenso die ersten Lösungen bei den Rad- und Gleiskettentraktoren mit ihren Anhängegeräten für die Bodenbearbeitung. Die Möglichkeiten des Zapfwellenantriebes sind in Verbindung mit der Erntetechnik erwähnt. Bei der Getreideernte wird auf Überlegungen einer Direkternte mit Mähdrescher hingewiesen, ein Mähdrescher der Firma Case für den Einsatz in den Prärieregionen der USA beschrieben und die Probleme einer Mähdrescherernte in Mitteleuropa dargelegt.
KÜHNE war sich bewusst, dass er sein Buch in einer Zeit gravierender Veränderungen verfasst, was einen schnellen Aktualitätsverlust zur Folge haben kann. Er vermerkt dazu: „Die Maschinentechnik kennt keine längeren Ruhepausen in ihrer Entwickelung, und das gilt im gleichen Maße für die Landmaschinentechnik. Außerdem darf nicht außer acht gelassen werden, daß gewisse Grundlagen von der fortschreitenden Entwickelung unberührt gelassen werden und ihren Wert behalten.“
Zweifellos bleibt eine solche Publikation umso länger aktuell, je höher der Anteil grundlegender mathematisch-naturwissenschaftlichen Funktionstheorien in den Darstellungen ist. Der Entwicklungsschritt und Stellenwert, den diese Publikation für die Ausbildung und die Arbeit bei den Entwicklern und Herstellern von Landmaschinen darstellt wird sichtbar, wenn man sich den Stand zu dieser Zeit vergegenwärtigt, den der Autor unter anderem mit folgender Feststellung charakterisiert: „Es gibt nämlich noch immer zahlreiche Landmaschinenfabriken, die ihre Erzeugnisse nach empirisch geschaffenen Modellen fertigen und infolgedessen überhaupt keine Werkzeichnungen besitzen.“
Publikationen der 1950er/1960er Jahre
Etwa ein Vierteljahrhundert später erschienen die Lehrbücher „Landmaschinen – Lehr- und Handbuch für den Landmaschinenbau“ von SCHILLING [25]. Er hatte bereits in den 1930er Jahren im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Technischen Lehranstalt Bad Frankenhausen für die Einführung der Berufsbezeichnung „Ingenieur für landwirtschaftliches Maschinenwesen“ gesorgt und in den 1940er Jahren mit der Arbeit an diesen Lehrbüchern begonnen. [5] Sein Anspruch war, „.... den Landmaschinenbau auf die gleiche Ebene in der ingenieurmäßigen Behandlung wie die sonstigen Fachgebiete des Maschinenbaus zu stellen“, wobei er auch immer wieder die Besonderheiten dieses Fachgebietes hervorhob und behandelte. Dazu gehörte die Erkenntnis, dass „die Feststellung der Kräfte, die von den Werkzeugen in die Bauelemente der Landmaschinen eingeleitet werden schwierig und von vielen Faktoren abhängig ist“, und „neben der wissenschaftlichen Erforschung der Vorgänge zwischen Werkzeug und Bearbeitungsmittel die Erfassung des Kraft- und Leistungsbedarfs durch Meßinstrumente tritt.“
Wiederzufinden sind in diesen Publikationen die Fortschritte in den Ingenieurwissenschaften, durch die auch in der Landmaschinentechnik die erfahrungsbasierten Theorien zunehmend durch empirische und mathematisch basierte Theorien ersetzt wurden [26].
Die Beschreibung vorhandener Erzeugnisse, die in der Regel von deutschen Herstellern stammen, wurde von SCHILLING stark reduziert und ersetzt durch die Darstellung der Prinzipien der landtechnischen Werkzeuge mit einer dem aktuellen Wissenstand entsprechenden mathematisch-naturwissenschaftlichen Untersetzung von Funktion, Einsatzverhalten und Haltbarkeit (Bild 4). Der Autor selbst charakterisiert diesen Stand wie folgt: „Theoretische Überlegungen, die Teilergebnisse der landtechnischen Grundlagenforschung und die Registrierung von Versuchsergebnissen an Landmaschinen gestatten, die Beanspruchungen der Maschinenteile zu erfassen und die Berechnungsgrundlagen zu schaffen.“ „Die wissenschaftliche Behandlung der Landmaschinen leitet eine neue Entwicklungsstufe ein.“
Die Lehrbuchreihe, die SCCHILLING mit 7 Bänden konzipiert, aber nur bis zum 3. Band realisiert hat, war nicht nur für seine Lehrtätigkeit an der Ingenieurschule Köln, sondern auch für die landmaschinentechnische Hochschulausbildung in Deutschland über Jahrzehnte eine wichtige Grundlage.
Ein ähnliches theoretisches Niveau hat das aus dem Russischen übersetzte und 1955 in der DDR erschienene Buch „Theorie, Berechnung und Konstruktion der Landmaschinen“ [27], das auf den Bereich Bodenbearbeitung, Düngung, Aussaat und Pflanzenschutz beschränkt war und auf sowjetischen Erzeugnissen basiert. Gemäß dem Vorwort zur Originalausgabe von 1951 hatten die Verfasser ihr Werk „...als den ersten Versuch auf diesem Gebiet...“ gesehen. Im Vorwort zur deutschen Ausgabe heißt es: „Wissenschaftlich-mathematische Überlegungen und die Berücksichtigung physikalisch-technischer Erkenntnisse beim Entwurf und Bau von Landmaschinen erscheinen notwendig, wenn die angestrebte weitere Mechanisierung der Landwirtschaft mit der Entwicklung der übrigen Technik Schritt halten soll.“
Das Gebiet der Erntemaschinen wurde in dieser Zeit mit einer Übersetzung aus dem Polnischen abgedeckt [28]. Auch in der Folgezeit bis in die 1970er Jahre waren die für die landtechnische Ingenieurausbildung in der DDR verfügbaren Lehrbücher zunächst Übersetzungen aus dem Polnischen.
Bild 4: Seiten aus [25] (links) und [27] (rechts) mit theoretischen Betrachtungen zum Grubber bzw. zum Streichblech
Figure 4: Pages from [25] (left) and [27] (right) with theoretical considerations on the cultivator resp. mouldboard
Fahrzeug oder Landmaschine – Lehrbücher über Traktoren
Mit dem Übergang zur Vollmechanisierung der mobilen Prozesse auf Basis des Verbrennungsmotors wurde ab Mitte des 20. Jahrhunderts der Traktor zu einem Schwerpunkt in der Landtechnik. Dabei war zunächst nicht klar, ob der Traktor in seinen vielfältigen Erscheinungsformen als Fahrzeug oder als Landmaschine zu behandeln und einzuordnen ist. Forschung und Lehre sowie Entwicklung und Herstellung der Traktoren tendierten zunächst in beiden Teilen Deutschlands mehr zum Fahrzeugbau. Die landmaschinenrelevanten Elemente dieses Fahrzeugs sind die Kopplung mit den landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, die für die Arbeitsverrichtung auf landwirtschaftlichen Flächen und Fahrbahnen mit ihren speziellen Eigenschaften und mit mehr oder weniger hohen Zugkraftanforderungen zu bewegen und anzutreiben sind. Der Traktor war Mitte des 20. Jahrhunderts auf dem Weg, sich zur universellen Antriebsquelle für die mobile Landtechnik zu entwickeln.
Als SCHILLING sein Lehrbuch „Ackerschlepper“ im Jahr 1955 veröffentlichte [25], konnte er sich bereits auf ein gutes theoretisches Niveau für die fahrzeugrelevanten Baugruppen stützen. Gleichzeitig waren für die landmaschinenrelevanten Elemente vor allem empirische Theorien im Entstehen.
Den Ackerschlepper charakterisiert SCHILLING als das Mittel, mit dem die Maschinen angetrieben und an das zu verarbeitende Gut herangefahren werden. Weiter vermerkt er in seinem Vorwort: „Unter gleichzeitiger Beachtung der Synthese zwischen Ackerschlepper und Arbeitsmaschine weicht die Mechanik der Ackerschlepper teilweise erheblich von den ähnlichen Betrachtungen an Kraftfahrzeugen ab.“ „In diesem Buch sind mit einigen Sätzen aus der Mechanik unter Berücksichtigung der Einsatzbedingungen der Landmaschinen die Berechnungsgrundlagen für Ackerschlepper erarbeitet.“
Die Dynamik, vor allem auf theoretischem Gebiet, kommt u.a. zum Ausdruck, dass in der 2. Auflage 1958 geschrieben ist: „In dieser kurzen Zeit konnten der Abschnitt über die Schleppermechanik ergänzt, die Theorie und Berechnung weiter unterbaut und die Konstruktion der Ackerschlepper in ihrer Entwicklung verfolgt werden.“
Der weitere Erkenntniszuwachs dieser Zeit fand seinen Ausdruck in der 1960 erstmals erschienenen Publikation „Technisches Handbuch Traktoren“ von BLUMENTHAL [29]. Das Objekt wird hier nicht mehr als „Ackerschlepper“, sondern als „Traktor“ bezeichnet. Neu an diesem Buch war, dass die Autoren nicht aus dem Bereich der Lehre kamen, sondern vorwiegend in der industriellen Entwicklung tätig waren, womit die dabei gewonnenen praktischen Erkenntnisse eingeflossen sind. Herausgeber war der Chefkonstrukteur des Traktorenwerkes Schönebeck.
Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des Standes der Technik erfolgen detaillierte Darstellungen zur Funktion, Auslegung, Berechnung und Konstruktion der verschiedenen Traktorbauarten und ihrer einzelnen Baugruppen, einschließlich der ergonomischen Gestaltung des Fahrerstandes, der Betriebsmittel und Werkstoffe. Ein gesondertes Kapitel ist dem Zusammenwirken von Traktor und Gerät gewidmet. Wenn SCHILLING in seinem Buch noch „die Mathematik nur soweit verwendet, wie sie zum Verständnis des Ansatzes, der Ableitung und der Berechnungsgleichung notwendig ist.“ [25], wird in dieser Publikation von Mathematik, Physik, Mechanik usw. reichlich Gebrauch gemacht.
„Die theoretischen Darstellungen und praktischen Hinweise dieses Handbuches dienen damit gleichermaßen der Betriebspraxis und Instandhaltung wie der Unterweisung des landtechnischen Ingenieurnachwuchses.“ [29 - Vorwort]. In den Folgejahren gab es für dieses Buch bis 1970 noch 5 Nachauflagen mit teilweise gravierenden Neubearbeitungen.
Das Lehrbuch von SOUCEK/PIPPIG – Abschluss der konventionellen Lehrbücher?
Sicherlich waren die umfangreiche universitäre landtechnische Ingenieurausbildung und der inzwischen entstandene theoretisch gut fundierte Wissensstand auf diesem Gebiet der Grund, dass erneut der Mangel an einem zeitgemäßen Lehrbuch erkannt wurde und die betreffende Lehrerschaft zu einem entsprechenden Projekt veranlasste.
Es war SOUCEK als Ordinarius für Landmaschinentechnik an der Technischen Universität Dresden, der die Herausgeberschaft für eine „Reihe Landmaschinentechnik“ übernahm. Neben dem Einführungsband 1979 ist jedoch nur der zweite Band „Maschinen und Geräte für Bodenbearbeitung, Düngung und Aussaat“ 1990 erschienen [30]. Für den von JAKOB herausgegebenen Band „Maschinen zur Hackfruchternte und Aufbereitung des Erntegutes“ entstand 1992 ein Manuskriptdruck. Die weiteren Bände, darunter „Halmfruchterntemaschinen und Erntegutaufbereitung“ und „Maschinen und Anlagen für die Tierproduktion“ wurden im Manuskriptstadium abgebrochen [Vorwort zum Reprint von [30] aus dem Jahr 2019].
Die Autoren hatten mit dieser Publikation den Anspruch, dass „...die Funktionstheorie und Konstruktion der Landmaschine im Mittelpunkt steht“ und „...der Ingenieurstudent wie auch der in Forschung, Entwicklung, Konstruktion, Erprobung und Prüfung sowie im Maschineneinsatz tätige Ingenieur eine möglichst geschlossene Darstellung der Maschine als Arbeitsmittel zur Bearbeitung landwirtschaftlicher Stoffe erhält.“ [30]
In den Darstellungen werden die verarbeitungstechnischen Grundlagen des Bodens, Düngers und Saatgutes sowie die Systematik der Wirkprinzipe und Arbeitsorgane als die weniger zeitabhängigen Sachverhalte den sich schneller verändernden maschinentechnischen Lösungen vorangestellt. Die Bezugnahme auf die konstruktiven Lösungen ausgeführter Maschinen und Geräte erfolgt unter Berücksichtigung des internationalen Entwicklungsstandes. Von ihren Vorgängern unterscheidet sich diese Publikation auch dadurch, dass auf Haltbarkeitsberechnungen der Funktionselemente und Tragsysteme verzichtet wurde.
In [31] wird vermerkt, dass vor allem die naturwissenschaftlichen Grundlagen eingehend behandelt werden und eine geschlossene Darstellung der physikalisch-technischen Wirkprinzipe der behandelten Gebiete erfolgt.
Damit wird in dieser Publikation im Ergebnis der vielfältigen und umfassenden Forschungsarbeiten der vergangenen Jahrzehnte erreichte Wissensstand zu den Wirkprinzipien und Arbeitsorganen von Bodenbearbeitung, Düngung und Aussaat in einer hochgradig abgerundeten Form dargestellt.
Ein ähnlicher Stand wurde auch auf den anderen Gebieten der landwirtschaftlichen Stoffverarbeitung erreicht, ohne dass es auf diesen Gebieten zu einer analogen lehrbuchmäßigen und den internationalen Entwicklungsstand präsentierenden Darstellung gekommen ist. Die gängigen und meist auch schon sehr lange bekannten und angewendeten Wirkprinzipien und Arbeitsorgane der Landtechnik waren zu dieser Zeit weitgehend erforscht.
So wie in den vorangegangenen Lehrbüchern wird von SOUCEK/PIPPIG auf den Fortgang der Dinge hingewiesen. So werden die Anfänge der Prozessautomatisierung mit Absicht „... sehr gestrafft dargestellt, da sie nur den Anschluß zur auf diesen Gebieten stark zunehmenden Spezialliteratur herstellen sollen.“ [30]
Auf der Grundlage der inzwischen hochgradig erforschten und beherrschten Wirkprinzipien und Funktionselemente verlagerte sich der Schwerpunkt in der Folgezeit auf die Regelung der Betriebsparameter, die zunehmende Prozessautomatisierung und schließlich in Richtung des Pecision Agriculture.
Die treibenden Kräfte
Zur Bewertung des etwa 200-jährigen Geschehens auf dem Gebiet der Landtechnik, das in den zitierten Publikationen etwas reflektiert wird, erscheint es zweckmäßig, in zusammengefasster Form auf die jeweils verfügbaren Energie- und Antriebsquellen als die entscheidende Voraussetzung einer Anwendung technischer Arbeitsmittel hinzuweisen.
Bild 5: Tendenz für die Entwicklung des Potentials der Muskel- und Kraftantriebe in PS/100 ha in Deutschland (der Stand von 1990 in der Bundesrepublik ist 100 % gesetzt) nach [32]
Figure 5: Trend for the development of the potential of muscle and power drives in hp/100 ha in Germany (the 1990 level in the Federal Republic is set at 100 %) according to [32]
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als THAER seine Publikation verfasste [1], dominierten die Handgeräte mit gelegentlicher Unterstützung durch Ochsengespanne. Ein Dreivierteljahrhundert später konnte PERELS in seinem Buch [23] für die behandelte Landtechnik von einem zunehmenden Anteil von Pferden bei den tierischen Muskelantrieben und den ersten Dampfantrieben für den stationären und den mobilen Bereich ausgehen. Ein halbes Jahrhundert später war zur Zeit der Publikation von KÜHNE [24] der Anteil der Pferde an den tierischen Muskelantrieben auf über 50 % angewachsen [9]. Bei rückläufiger Bedeutung der Dampfantriebe hatten die Elektroantriebe für den stationären Bereich bereits einen zählbaren Anteil (Bild 6).
Bild 6: Tendenz für die Entwicklung der Anteile des Potentials der verschiedenen Varianten von Muskel- und Kraftantrieben in der Landwirtschaft Deutschlands auf Basis PS/100 ha nach [32]
Figure 6: Trend for the development of the shares of the potential of the different variants of muscle and power drives in Germany's agriculture on the basis of hp/100 ha according to [32]
Gleichzeitig waren die ersten Traktoren auf Basis des Verbrennungsmotors im mobilen Bereich im Einsatz und im stationären Bereich wurde diese Antriebsquelle dort angewendet, wo noch kein entsprechendes E-Netz verfügbar war.
Ein Vierteljahrhundert später war dieser Mangel weitgehend behoben. Gleichzeitig waren die in zunehmender Zahl auf die Felder gelangenden Traktoren dabei, die tierischen Zugkräfte abzulösen, wobei sich die PS-Ausstattung für 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche zunächst im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich bewegte. Nach einem weiteren Vierteljahrhundert, als die Publikation von SOUCEK/PIPPIG entstand, waren die in der Vergangenheit existenten und die landtechnischen Entwicklungen hemmenden Engpässe an Antriebs- und Zugenergie überwunden und man konnte diesbezüglich sozusagen „aus dem Vollen schöpfen“. Die PS-Ausstattung mit Traktoren reichte in dieser Zeit bereits bis in den mittleren dreistelligen Bereich.
Renaissance für das klassische Lehrbuch?
Mit dem Internet als zunehmend universelle Informationsquelle auch für die Studierenden und mit der Anwendung digitaler Medien im Lehrbetrieb verändert sich schließlich auch die Form des Lehrmaterials, womit die konventionellen Lehrbücher auf jeden Fall starke Konkurrenz bekommen haben.
Ungeachtet dessen haben sich beispielsweise RENIUS und KÖLLER/HENSEL nach erneut einem Vierteljahrhundert zur Herausgabe aktueller landtechnischer Lehrbücher entschlossen [20; 33].
Zu den Besonderheiten des ingenieurmäßig aufgebauten Traktorenlehrbuches von RENIUS [33] gehört, dass die Originalausgabe in Englisch abgefasst und damit für einen internationalen Leserkreis gedacht ist. Dieser Leserkreis wird unter anderem dadurch bedient, dass die Thematik für unterschiedliche Niveau- und Technologiestufen des Traktors, beispielsweise 5 Niveaustufen für die Getriebe, und somit vom einfachen und für Entwicklungsländer relevanten Traktor bis zum Hightec-Erzeugnis behandelt wird.
Die Traktorentwicklung und in der Folgezeit die gesamte mobile Landtechnik mit ihren selbst-fahrenden Arbeitsmaschinen partizipierte in hohem Grade an den Entwicklungen des Fahrzeugbaus, einschließlich des dafür verfügbaren Lehrmaterials. Der Traktorenentwickler ist somit erst einmal Anwender der entsprechenden Fahrzeugbaugruppen. Als Entwicklungsaufgaben für den Landtechnik-Ingenieur verbleiben die Elemente, die aus dem Fahrzeug einen landwirtschaftlichen Traktor machen. Dabei hat sich der Anteil dieser Elemente immer weiter erhöht und ihre Spezifik vertieft. Angesichts der Tatsache, dass der Traktor nach wie vor das Hauptelement in der landwirtschaftlichen Produktionstechnik ist, ist dieses Gebiet weiterhin ein Schwerpunkt der landtechnischen Ingenieurausbildung.
Die gestrafften Darstellungen in [33] sind eine Mischung aus wissenschaftlichen Grundlagen, aktuellen Berechnungsverfahren, praktischen Konstruktionsgrundlagen, Fertigungshinweisen, Testmethoden bis zu Checklisten für die abzuarbeitenden Aufgaben und mehr als 600 Hinweisen auf vertiefende Quellen, womit den Anforderungen eines breit gefächerten Leserkreises, der vom Ingenieurstudenten bis zum Restaurator von Oldtimern reicht, entsprochen wird.
Auch der relativ geringe Umfang von weniger als 300 Seiten weist darauf hin, dass diese Darstellungen Welten von der in den früheren Publikationen verbreiteten, oft sehr „weitschweifigen und blumigen Prosa“ trennen.
Literatur
[1] Thaer, A. D.: Die Beschreibung der nutzbarsten neuesten Ackergeräthe. Verlag Gebrüder Hahn, Hannover, 1803 bis 1806.
[2] Krombholz, K.: Wer schrieb das erste landtechnische Lehrbuch in Deutschland? Landtechnik 68(6), 2013.
[3] Weisser, J.: Vom Beginn der Hohenheimer Ackergerätefabrik und der Hohenheimer Modellsammlung (1818 – 1945). In: Der Goldene Pflug, Zeitschrift des Fördervereins des Deutschen Landwirtschaftsmuseums, Stuttgart-Hohenheim, Heft 36/2014.
[4] Söhne, W.: Geschichte des Instituts für Landmaschinen der TU München und Entwicklung der Landtechnischen Institute in der Bundesrepublik. Institut für Landmaschinen, Technische Universität München, 1990.
[5] Krombholz, K.: Über die Institutionen und Personen der landtechnischen Ausbildung und Forschung im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland. Förderverein des Deutschen Landwirtschaftsmuseums, Universität Hohenheim, 2015, ISBN 978-3-9817225-0-5.
[6] Bachner, A.; Herrmann, K.: Die Geschichte der Landtechnik an der Universität Halle. In: Jahrbuch Agrartechnik 2009, DLG-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 978-3-7690-0728-2.
[7] Luben, A. R.: Die Deutsche Landmaschinenindustrie. Dissertation, Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, 1926.
[8] Perels, E.: Handbuch zur Anlage und Konstruction landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe, für Maschinenfabrikanten, Konstrukteure, für Studierende der Technik etc. Acht Einzelhefte, erschienen im Verlag Costenoble, Jena 1862-1866.
[9] Gießmann, E.-J.: Emil Perels – Begründer landtechnischer Ausbildung. In: Wissenschaftliche Beiträge der Ingenieurhochschule Berlin-Wartenberg, Band 1, Berlin 1988.
[10] Hamm, W.: Die landwirtschaftlichen Maschinen Englands – Mit besonderer Berücksichtigung der landwirthschaftlichen Mechanik und einer Uebersicht der englischen Agricultur. Verlag von Friedrich Viehweg und Sohn, Braunschweig 1845.
[11] Pintus, J.: Die landwirtschaftlichen Maschinen und Ackergeräthe. Verlag von Barthel & Co, Berlin, 1864.
[12] Wüst, A.: Landwirtschaftliche Maschinenkunde – Handbuch für den praktischen Landwirt. Verlag Paul Parey, Berlin 1882.
[13] Strecker, W.: Landwirtschaftliche Geräte und Maschinen. Verlag Paul Parey Berlin, 1906.
[14] Fischer, G.: Landmaschinekunde – Lehr und Hilfsbuch für Studierende und Landwirte. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1928.
[15] Holldack, H.: Maschinenlehre für Landwirte - Lehr- und Hilfsbuch für Unterricht und Praxis. Verlag Paul Parey, Berlin, 1934.
[16] Segler, G.: Maschinen in der Landwirtschaft. Verlag Paul Parey, Hamburg Berlin, 1956.
[17] Dencker, C. H. (Hrsg.): Handbuch der Landtechnik. Verlag Paul Parey, Hamburg Berlin, 1961.
[18] Heyde, H.; Kühn, G. (Hrsg.): Landmaschinenlehre, Band 2, Geräte und Maschinen der Pflanzenproduktion. Verlag Technik Berlin, mehrere Auflagen 1967 bis 1980.
[19] Thum, E. (Hrsg.): Maschinen und Anlagen für die Tierproduktion. Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin, 1985.
[20] Köller, K.; Hensel, O. (Hrsg.): Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion. 1. Auflage. Bd. 5198. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer 2019.
[21] Soucek, R.: EMIL PERELS' Handbuch des Landwirtschaftlichen Maschinenwesens - eine Wertung aus heutiger Sicht. In: Heinrich-Heyde-Kolloquium anlässlich des 150. Geburtstages von Emil Perels am 11. September 1987. Wissenschaftliche Beiträge der Ingenieurhochschule Berlin-Wartenberg Jg. 7, 1988, Heft 2.
[22] Schneitler, C.; Andree, J.: Die neueren und wichtigeren landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthe, ihre Theorie, Konstruktion, Wirkungsweise und Anwendung. Druck und Verlag von B.G. Teubner, Leipzig 1861.
[23] Perels, E.: Handbuch des Landwirthschaftlichen Maschinenwesens. 2. Auflage, Band I und II, Verlag Hermann Costenoble, Jena 1880.
[24] Kühne, G.: Handbuch der Landmaschinentechnik. 2 Bände, Berlin, Julius Springer Verlag (1. Band 1930, 2. Band 1934).
[25] Schilling, E.: Landmaschinen – Lehr- und Handbuch für den Landmaschinenbau. Eigenverlag, Köln, 1. Band: Ackerschlepper, 1955, 2. Band: Maschinen und Geräte für die Bodenbearbeitung, 1953, 3. Band: Maschinen für die Düngung, Bestellung, Pflanzenpflege, 1958.
[26] Krombholz, K.; Soucek, R.: Die Landtechnik auf dem Weg zur Wissenschaft. In: Jahrbuch Agrartechnik, Band 23, DLG-Verlag, Frankfurt/Main, 2011, ISBN 978-3-7690-0773-2.
[27] Krutikow, N. P. (Hrsg.): Theorie, Berechnung und Konstruktion der Landmaschinen Maschinen und Geräte für die Bodenbearbeitung, die Aussaat und das Pflanzen, für die Düngung und den Pflanzenschutz, Übersetzung aus dem Russischen. Verlag Technik Berlin, 1955.
[28] Kanafojski, C.: Halmfruchterntemaschinen. Verlag Technik Berlin, 1961, Übersetzung aus dem Polnischen.
[29] Blumenthal, R.: Technisches Handbuch Traktoren. Verlag Technik Berlin, 1. Auflage 1960.
[30] Soucek, R.; Pippig, G.: Maschinen und Geräte für die Bodenbearbeitung, Düngung und Aussaat. Verlag Technik, Berlin 1990.
[31] Heege, J.: Buchbesprechung zu Soucek/Pippig „Maschinen und Geräte für Bodenbearbeitung, Düngung und Aussaat“. agrartechnik, Berlin 41 (1991), Seite 288.
[32] Krombholz, K.: Zur Entwicklung von Technologie, Technik und Produktivität in der Landwirtschaft Deutschlands. Förderverein des Deutschen Landwirtschaftsmuseums, Universität Hohenheim, 2018, ISBN 987-3-9817225-5-0.
[33] Renius, K. T.: Fundamentals of Tractor Design. Verlag Springer Nature, 2019.
Autorendaten
Dr.-Ing. Dr. sc. agr. Klaus Krombholz ist Mitglied des Fachausschusses Geschichte der Agrartechnik im VDI-Fachbereich Max-Eyth Gesellschaft Agrartechnik.