Beitrag in Jahrbuch 2012

Technik für Sonderkulturen Technik für hochintensive Pflanzenproduktion im Gartenbau

Kurzfassung:

Gartenbauliche Produktion ist gekennzeichnet durch den Einsatz von Gewächshäusern und Automatisierungstechnologien. Im Verbundprojekt ZINEG (Zukunftsinitiative Niedrig-Energiegewächshaus) konnten Gewächshauskonzeptionen entwickelt werden, die über 80 % Energieeinsparung im Vergleich zu konventionellen Gewächshausanlagen erzielten. Aktuelle wird der Einfluss der erhöhten Luftfeuchtigkeit auf die Pflanzenqualität getestet. Zur Integration von Automatisierungstechniken in hochintensive Pflanzenproduktionsprozesse wurden Arbeiten durchgeführt, die eine automatische bildanalytische Auswertung komplexer Pflanzensituation erlauben. Mit Hilfe sogenannter Active-Shape-Modelle und dem Einsatz von Überlappungsalgorithmen konnte das bisher ungelöste Problem der Automatisierung bei überlappenden Objekten deutlich reduziert werden. Ein erster Analyse-Prototype im Bereich der Unkrautbekämpfung mit Lasertechnologie im Gewächshaus wurde entwickelt.

Volltext

Technik für hochintensive Pflanzenproduktion im Gartenbau

Thomas Rath,

Fachgebiet Biosystem- und Gartenbautechnik, Leibniz Universität Hannover

Kurzfassung

Gartenbauliche Produktion ist gekennzeichnet durch den Einsatz von Gewächshäusern und Automatisierungstechnologien. Im Verbundprojekt ZINEG (Zukunftsinitiative Niedrig-Energiegewächshaus) konnten Gewächshauskonzeptionen entwickelt werden, die über 80 % Energieeinsparung im Vergleich zu konventionellen Gewächshausanlagen erzielten. Aktuelle wird der Einfluss der erhöhten Luftfeuchtigkeit auf die Pflanzenqualität getestet. Zur Integration von Automatisierungstechniken in hochintensive Pflanzenproduktionsprozesse wurden Arbeiten durchgeführt, die eine automatische bildanalytische Auswertung komplexer Pflanzensituation erlauben. Mit Hilfe sogenannter Active-Shape-Modelle und dem Einsatz von Überlappungsalgorithmen konnte das bisher ungelöste Problem der Automatisierung bei überlappenden Objekten deutlich reduziert werden. Ein erster Analyse-Prototype im Bereich der Unkrautbekämpfung mit Lasertechnologie im Gewächshaus wurde entwickelt.

Schlüsselwörter

Gewächshaustechnik, Bildverarbeitungstechnik

Engineering and Technologies for Horticultural Plant Production

Thomas Rath,

Biosystems- und Horticultural Engineering Section, Leibniz Universität Hannover

Abstract

Intensive horticultural production is characterized by the use of greenhouses and automation technologies. In the project ZINEG (Low-Energy-Greenhouse for the Future) greenhouse concepts were developed that achieve over 80 % energy saving compared to conventional greenhouses. The extent of the increasing influence of humidity on the plant quality is currently being tested. For further development and integration of automation techniques in highly intensive plant production processes, work was carried out to allow automatic image analysis of complex plant situations. Using so-called Active Shape Models and the use of new developed overlapping algorithms the previously unsolved problem of automation in overlapping situations can be significantly reduced. A first prototype of an analysis machine in the field of weed control with laser technology in the greenhouse was developed.

Keywords

Greenhouse technology, image processing

Entwicklung von energiesparenden Gewächshauskonzeptionen

Nach wie vor sind die Arbeiten im Bereich der Gewächshaustechnik stark geprägt von den Anforderungen, Pflanzen auch unter mitteleuropäischen Bedingungen im Winter ressourcenschonend produzieren zu können. Mehrere Forschungsstandorte haben sich daher unter dem Titel ZINEG (Zukunftsinitiative Niedrigenergie-Gewächshaus) zusammengeschlossen, um grundlegende und anwendungsorientierte Fragestellungen zu bearbeiten. Es wurden neue Systeme (Gewächshauskonstruktionen, Gewächs-hausbedachungsmaterialien oder Wärmeversorgungskonzepte) untersucht. Während am Standort Berlin (Humboldt-Universität) besonderer Wert auf die Ausnutzung der latenten Wärmeströme durch Wärmerückgewinnung und Klimasteuerung gelegt wird, wird in Schifferstadt (Forschungsgewächshäuser der TU München) besonders auf die Energieeinsparung durch neue Foliensysteme und Energieschirmmaterialien fokussiert. In Hannover (Leibniz Universität und LWK H-Ahlem) steht die Bearbeitung hochisolierter Gewächshaussysteme mit Wärmespeicherkonzepten im Vordergrund. Beispielhaft werden nachfolgend Ergebnisse aus aktuellen Messungen in Bild 1 wiedergegeben. Die Messungen erfolgten mit drei Energieschirmen (maximale Wärmedämmung), mit zwei Energieschirmen (ohne Verdunklung), mit einem Tagesenergieschirm und/oder ohne Energieschirmeinsatz (nur Isolierverglasung).

Maßnahme zur

Wärmedämmung gemessen Einsparung Einsparung

Ucs-Wert Einfachglas

Ucs = 7,6 Einfachglas +

Energieschirm

Ucs = 4,6

W m-2 K-1 % %

Isolierglas 4,0 48 14

Isolierglas + Tagesschirm 3,0 62 38

Isolierglas + zwei Schirme 2,1 72 54

Isolierglas + drei Schirme 1,2 84 74

 

 

 

 

 

 

Bild 1: Energieeinsparung nachts bezogen auf ein einfachverglastes Gewächshaus (EG) und auf ein Gewächshaus mit Energieschirm (EG + Schirm) (Quelle: Tantau, BGT)

Figure 1: Energy consumption of new greenhouse systems comparing to a single covered greenhouses (Source: Tantau, BGT)

Zur Ermittlung des Wärmeverbrauchskoeffizienten (U-Wert) wurden die Messwerte in der Zeit von 22 bis 5 Uhr ausgewertet. Mit den Mittelwerten der Nachtmessungen konnten Energieeinsparungen im Vergleich zu einem Gewächshaus mit Einfachverglasung von über 80 % ermittelt werden (s. Bild 1). Weitere Informationen finden sich unter den Literaturstellen [1], [2], [3] und [4] sowie unter www.zineg.de.

Biorobotische Entwicklungen für die hochintensive Pflanzenproduktion

Gartenbauliche Produktion ist in den meisten Fällen neben der Energieintensität auch durch den hohen Einsatz von Arbeitskräften gekennzeichnet. Der Einsatz von Automaten bzw. robotischen Systemen scheint unerlässlich und zwingend erforderlich, wenn ortsnahe und ökologisch sinnvolle Produktion in Deutschland aufrechterhalten werden soll. Jedoch stoßen biorobotische Applikationen an ihre Grenzen, wenn Szenarien komplex oder schwer zu interpretieren sind. Besondere Probleme treten auf, wenn Pflanzen, Pflanzenteile oder Produkte überlappend und/oder schwer erkennbar vorliegen. Algorithmen, die die Automaten autonom steuern sollen, versagen in diesen Fällen häufig komplett. Daher wurde in den letzten Jahren innerhalb der gartenbautechnischen Forschung diesem Problem verstärkt Rechnung getragen. Neu entwickelte Ansätze versuchen, Pflanzenszenarien anhand von einfachen Mustern zu strukturieren und zu analysieren und aus den so gewonnenen Erkenntnissen Informationen zur Steuerung der Roboter abzuleiten. Als gut geeignete Grundmuster/objekte haben sich Ellipsen und Ellipsoide herausgestellt, da mit ihnen weite Bereiche von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Produkten und Objekten dargestellt werden können. Als Auswerteverfahren zeigten sich Active-Shape-Modelle (ASM) anderen Verfahren überlegen. Zusammenfassend ergeben sich folgende Verfahrensabläufe:

1. Erfassung der Situation mit Kamerasystemen

2. Auflösung der Bilder durch Ellipsendetektionen (auch unvollständige und überlappende

Ellipsen)

3. Interpretation der Ellipsen durch ASM-Algorithmen (Zusammensetzung von

Gesamtobjekten – z.B. Pflanzen – durch einzelne Ellipsen)

4. Analyse der gefundenen Gesamtobjekte zur Berechnung von Ansteuerpunkten von

Robotern bzw. Automaten

5. Ansteuerung der Roboter bzw. Automaten

Dieses Verfahren wurde in mehreren Arbeiten getestet und führte letztendlich zu intelligenten Systemen, die Pflanzen auch in schwierigen Situationen detektieren können [5]. Werden diese Algorithmen z.B. im Bereich der mechanischen Unkrautbekämpfung mit Modellen gekoppelt, die berechnen, wie viel Energie notwendig ist, um Pflanzen mit Laserlicht zu zerstören [6], können neue Konzepte zur autonomen und spezifischen Unkrautbekämpfung entwickelt werden. Ein erster Prototyp zum Einsatz im Gewächshaus wurde bereits entwickelt [7].

Literatur

[1] Schuch, I., D. Dannehl, T. Rocksch, R. Salazar Moreno, A. Rojano Aguilar und U. Schmidt 2011: Das geschlossene Solarkollektorgewächshaus - Anlagenkonzept und energetische Untersuchungen zum Wärmeenergiegewinn im Sommer 2010; DGG-Proceedings Vol. 1, No. 10, 1-5. DOI: 10.5288/dgg-pr-01-10-is-2011.

[2] Dannehl, D., I. Schuch,T. Rocksch, S. Huyskens-Keil, A. Rojano Aguilar und U. Schmidt 2011: Anlaufphase ZINEG - Auswirkungen von einem geschlossenen Gewächshaus auf das Pflanzenwachstum und die Fruchtqualität von Tomaten; DGG-Proceedings, Vol. 1, No. 9, 1-5. DOI: 10.5288/dgg-pr-01-09-dd-2011.

[3] Tantau, H.-J. (2012): Das Niedrigenergiegewächshaus – Methode zur Analyse der Wärmeströme und der PAR-Durchlässigkeit. Low Energy Greenhouse – Method to Analyse Heat Flux and PAR-Transmittance. Landtechnik 67, 3.2012, 196 – 204.

[4] Meyer, J. 2011: ZINEG Schifferstadt - Vorstellung erster Ergebnisse; Tagungsband GKL-Frühjahrstagung 2011. www.gkl-online.de

[5] Rath T., Pastrana J. (2012): Human vs Computer: Image processing to detect overlapping plants. Agricultural engineering (Landtechnik), 67, 3,172-178

[6] Marx C., Barcikowski S., Hustedt M., Haferkamp H., Rath T. (2012): Design and application of a weed damage model for laser-based weed control. Biosystems Engineering DOI: 10.1016/j.biosystemseng.2012.07.002

[7] Marx C., Pastrana J., Hustedt M., Haferkamp H., Rath T. (2012): Selective weed control by means of image analysis and laser application. Proceedings: Automation Technology for Off-Road Equipment, pp. 61-66, ISBN 84-615-9654-4

 

 

 

Bibliografische Angaben / Bibliographic Information

Empfohlene Zitierweise / Recommended Form of Citation

Rath, Thomas: Technik für hochintensive Pflanzenproduktion im Gartenbau. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2012. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2012. – S. 1-4

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Empfohlene Zitierweise:
Rath, Thomas: Technik für hochintensive Pflanzenproduktion im Gartenbau. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2012. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2012. – S. 1-4

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