Beitrag in Jahrbuch 2023

Allgemeine Entwicklung DLG-Agrifuture Insights: Regulierungen und geänderten Produktionsbedingungen begegnen

Kurzfassung:

Für landwirtschaftliche Betriebe gilt es, sich den Herausforderungen von zunehmenden Regulierungen, hohem Bürokratieaufwand und geänderten Produktionsbedingungen durch den Klimawandel zu stellen und Lösungen zu finden. Die wirtschaftliche Geschäftslage 2023 sahen die deutschen Ackerbauern etwas schlechter als im Jahr zuvor. Außerdem ist ihre Investitionsbereitschaft deutlich  zurückgegangen. Die Schweinehalter schätzen ihre wirtschaftliche Lage hingegen aktuell besser ein als in den vergangenen Jahren und sind auch wieder bereit zu investieren. Im Ackerbau stehen die Ressourcenschonung und Energieeffizienz bei den Techniktrends im Fokus. Innovationen erhoffen sich die Teilnehmer vor allem in den Bereichen Pflanzenzüchtung, Pflanzenschutz und Düngung. Beim Umwelt- und Klimaschutz werden zusätzliche Anpassungen an den Klimawandel durch angepasste Kulturen, effizientes Wassermanagement sowie eine Reduktion des Dieselverbrauchs angestrebt.

Volltext

Aktuelle Geschäftslage

Landwirtschaftliche Betriebe sind zunehmend mit Regulierungen und sehr hohen Kosten und Aufwand für Bürokratie konfrontiert. Es hat sich viel Frust angesammelt, der dazu führte, dass das Jahr 2023 in Deutschland mit großen Bauernprotesten endete. Deren letztlicher Auslöser die angekündigten geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt für die Landwirtschaft waren.

Eine Lösung der derzeitigen Herausforderung innerhalb der Branche kann jedoch nur gemeinsam gelingen und somit ist sowohl die Landwirtschaft, als auch die Politik zur Kompromissbereitschaft aufgerufen. Diese Bereitschaft ist der Kern des demokratischen Prozesses, um nicht zuletzt auch den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. So sind die Herausforderungen innerhalb des Pflanzenbaus nicht unerheblich durch Wetterextreme gestiegen. Das Ziel seitens aller Beteiligten ist somit nachvollziehbar - Diversität und angepasste Produktion stellt einen Schlüssel für die wirtschaftliche und zugleich anpassungsfähige Landwirtschaft dar.

Die befragten Ackerbauern sehen ihre wirtschaftliche Lage und die zukünftige Geschäftsentwicklung etwas negativer als im Vorjahr (Bild 1). Gründe hierfür könnten daneben auch die im Vergleich zum Vorjahr gesunkenen Erzeugerpreise sein ebenso wie wetterbedingte Probleme bei der Herbstaussaat für die Ernte 2024.

Bild 1: Beurteilung der aktuellen Geschäftslage - Landwirte in Deutschland [1].

Figure 1: Assessment of actual business conditions - farmers in Germany [1].

 

Schweinehalter sehen sich weiter mit der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland und Europa konfrontiert. Vor diesem Hintergrund sind für die Betriebe die Einhaltung von Biosicherheit und Hygienemaßnahmen von entscheidender Bedeutung. Für alle Tierhalter sind einzuhaltende Vorgaben zum Tierwohl mit mangelnder Planungssicherheit und ohne Klarheit darüber, ob Mehrkosten durch die Wertschöpfungskette getragen werden, eine große Herausforderung. Darüber hinaus ist der Fachkräftemangel allseits präsent. Dennoch schätzten die befragten Betriebe über alle drei Betriebszweige hinweg ihre aktuelle Geschäftslage und die zukünftige Geschäftsentwicklung im mittleren bis guten (Schweinehalter) Bereich ein [1].

Bei den Milchviehhaltern sind in vielen Fällen im vergangenen Jahr noch bestehende gute Futterkontrakte ausgelaufen. Kombiniert mit einer schwierigen Grundfutterlage und einem niedrigen Milchpreis, ergab sich für sie ein schlechtes wirtschaftliches Ergebnis für das letzte Jahr. Dementsprechend wurden die Rentabilität des Betriebes (Vorjahr (VJ): 2,6), die Stabilität (VJ: 2,2) und die Liquidität (VJ: 2,3) im letzten Jahr von den Teilnehmern noch besser eingestuft (Bild 2) [1; 2].

Bild 2: Selbsteinschätzung zur wirtschaftlichen Lage von Landwirtschaftsbetrieben in Deutschland [1].

Figure 2: Self-assessment of the economic situation of agricultural companies in Germany [1].

 

Beim Vergleich mit der Umfrage 2022/23 fällt auf, dass die Schweinehalter ihre Rentabilität in diesem Jahr deutlich besser sehen (VJ: 3,4). Auch die weiteren Kennzahlen sowie die allgemeine Geschäftslage und die zukünftige Geschäftsentwicklung wurden von den Schweinehaltern deutlich besser bewertet. Hier spiegelt sich wider, dass das letzte Wirtschaftsjahr das erfolgreichste der letzten 15-20 Jahre war, v.a. für die stark gebeutelte Ferkelerzeugung. Gleichzeitig antwortete ein Viertel der Schweinehalter auf die Frage, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um den Herausforderungen, mit denen schweinehaltende Betriebe konfrontiert sind, zu begegnen, mit dem Ausstieg aus der Schweinehaltung [1; 2].

Investitionsneigung bei Ackerbauern rückläufig, Schweinehalter wollen investieren

Gestiegene Zinsen und hohe Anschaffungskosten dürften sicher für Betriebsleiter ein wichtiger Faktor sein bei der Entscheidung, ob Investitionen getätigt werden. Fehlende Planungssicherheit und hohe bürokratische Hürden sind weitere Hemmschuhe.

Bei den Ackerbaubetrieben haben im letzten Jahr viele die Chance genutzt und die durch hohe Erzeugerpreise eingefahrenen Gewinne reinvestiert. Die Landtechnikindustrie konnte ein Rekordergebnis erzielen. Dies dürfte sicherlich einer der Gründe sein, warum in Deutschland in diesem Jahr mit 49 % der befragten Ackerbauern (Bild 3) weniger Betriebe Investitionen planen als noch im vorherigen Jahr (64%) [1; 2].

Bild 3: Selbsteinschätzung zur Investitionsbereitschaft im Jahr 2024 [1].

Figure 3: Self-assessment of whether an investment is planned in 2024 [1].

 

Positiver gestimmt sind hingegen die Schweinehalter. Bei ihnen ist im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme der Investitionsbereitschaft sowohl in Deutschland als auch international zu erkennen. Sie haben im letzten Jahr erstmals wieder Gewinne einfahren können, die sie reinvestieren können. Hinzu kommen aktuell positive Aussichten für die Schweinepreise in 2024 [1].

Techniktrends im Ackerbau: Ressourcenschonung und Energieeffizienz im Fokus

Für die befragten Ackerbauern ist wie in den vergangenen Jahren der Bereich der energieeffizienten und bodenschonenden Spur- und Reifensysteme einer der wichtigsten Techniktrends (Bild 4). Durch angepasste Fahrspurplanung und optimierten Reifendruck lassen sich die Traktion verbessern, der Schlupf minimieren und der Produktionsfaktor Boden schützen. Neben einer Ressourcenschonung können so auch Effizienzsteigerungen erreicht werden. Daneben werden auch Striegel- und Hacktechnik wieder als wichtig eingeschätzt, ebenso wie die teilflächenspezifische Bewirtschaftung [1].

Bild 4: Selbsteinschätzung zur zukünftigen Bedeutung von Techniktrends im Ackerbau [1].

Figure 4: Self-assessment of the importance of technology trends [1].

 

Das Smart-/Spot Spraying wurde von der Wissenschaft und Beratung als wichtig angesehen, die befragten Landwirte hingegen sahen diesen Bereich als weniger wichtig an. Obwohl hier Produkte in diesem Jahr Marktreife erlangen konnten, scheint der Übergang in die Praxis noch zu dauern [1].

Erhoffte Innovationen im Ackerbau: stark reglementierte Bereiche im Fokus

Die aktuellen Befragungsergebnisse zeigen wieder, dass die gesamte Branche die größten Hoffnungen bei Innovationen in Pflanzenzüchtung, Pflanzenschutz und Düngerapplikation (Bild 5) sieht – mithin genau den Bereichen, in denen die Politik aktuell und wohl auch in Zukunft besonders viel reglementiert bzw. reglementieren wird. Diese Eingriffe sind Gefahr und Gelegenheit zugleich. Sie führen zu einer notwendigen Anpassung und fördern die Innovationskraft, können letztere aber auch massiv einschränken, wenn ein Return on Invest aufgrund unsicherer Rahmenbedingungen gefährdet erscheint [1].

Sehr viel Hoffnung liegt auch auf der Züchtung, die aber nur einen Teil der Lösung darstellt, auch weil die Politik trotz steigenden Drucks aus der Branche bezüglich neuer Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas sehr zögerlich ist [1].

Überraschend war, dass die Landwirte der Verbesserung des Datenmanagements eine deutlich geringere Wichtigkeit zuordnen. Hier ist – wenn denn alles auch funktioniert – in der Praxis weiterhin sehr viel Aufklärung nötig.

Bild 5: Erhoffte Innovationen und Techniktrends im Ackerbau [1].

Figure 5: Innovations and technology trends hoped for in Arable Farming [1].

 

Interessant ist, dass die Bewässerung von der Wissenschaft und Beratung als deutlich wichtiger eingestuft wird als von den Landwirten. Vermutlich, weil eine Bewässerung bei den Hauptfeldfrüchten sich wirtschaftlich (noch) nicht rechnet [1].

Umwelt- und Klimaschutz im Ackerbau: Anpassungen an Klimawandel und reduzierter Betriebsmitteleinsatz im Fokus

Die letzten Jahre waren geprägt von Hitzerekorden und Starkwetterereignissen. Diese werden immer häufiger und führen zu Unsicherheiten bei den Erträgen und Qualitäten der Feldfrüchte. Dementsprechend planen rund 40 % der befragten Landwirte das Anbauspektrum durch angepasste Kulturen zu erweitern und ein effizientes Wassermanagement umzusetzen [1].

Klimaschutzmaßnahmen werden die Produktionskosten in Zukunft erhöhen. Gleichzeitig bieten bestimmte Maßnahmen wie eine Reduktion des Dieselverbrauchs durch eine effektive Arbeitserledigung und dem teilflächenspezifischen Betriebsmitteleinsatz die Möglichkeit, sowohl etwas für den Umweltschutz zu tun, als auch den Betrieb ökonomisch zu entlasten. Rund 40 % der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe plant Maßnahmen zur Energieeffizienz und den teilflächenspezifischen Betriebsmitteleinsatz (Bild 6). Hier dürfte insbesondere die Frage der Effizienz der eingesetzten Betriebsmittel im Fokus stehen angesichts hoher Kosten für Energie und Betriebsmittel. In diesem Zusammenhang stehen auch die geplanten Maßnahmen Direktsaat (31%) und Carbon Farming (35 %), die zu einer Verringerung des Dieseleinsatzes beitragen [1].

Bild 6: Selbsteinschätzung zu Umweltmaßnahmen im Ackerbau [1].

Figure 6: Assessment of green measures on arable farms [1].

 

Rund 70 % der Befragten schätzten den Einsatz alternativer Kraftstoffe als unbedeutend ein. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der geplanten Streichungen bei Agrardieselsubventionen und KFZ-Steuerbefreiung durch den Bundestag hatten die allermeisten Teilnehmer bereits die Befragung abgeschlossen. Bleibt die Frage, ob alternative Kraftstoffe kein Thema waren oder ob es in der Praxis eher weniger wichtig ist und mangelnde Antriebsalternativen nur von den Verbänden als Argumentationsgrundlage genommen werden. Mitunter sind diese aus Sicht der Landwirte unbedeutend, da bisher keine praktikablen Lösungen in Aussicht sind [1].

Zusammenfassung

Während die Ackerbauern ihre wirtschaftliche Lage in diesem Jahr etwas schlechter sehen und ihre Investitionsbereitschaft in Deutschland deutlich zurückgegangen ist, schätzen die Schweinehalter ihre wirtschaftliche Lage aktuell deutlich besser ein als in den vergangenen Jahren und sind auch wieder bereit zu investieren. Als wichtig werden Techniktrends eingeschätzt, die zur Ressourcenschonung beitragen. Innovationen erhoffen sich die Teilnehmer vor allem in den Bereichen, in denen die meisten Reglementierungen herrschen. Beim Umwelt- und Klimaschutz stehen die Anpassungen an den Klimawandel durch angepasste Kulturen und effizientes Wassermanagement sowie die Reduktion des Dieselverbrauchs im Fokus.

Literatur

[1]     N.N.: DLG-Agrifuture Insights - Auswertung der Studie Winter 2023/24. DLG e.V., URL: https://www.dlg.org/de/landwirtschaft/themen/agrifuture-insights-aktuellt - bei Erstellung des Beitrags noch unveröffentlicht.

[2]     N.N.: DLG-Agrifuture Insights - Auswertung der Studie Winter 2022/23. DLG e.V., URL: https://www.dlg.org/de/landwirtschaft/themen/agrifuture-insights-aktuellt, Zugriff am: 11.03.2024.

Autorendaten

Kerstin Hau ist Projektleiterin des Fachzentrum Landwirtschaft bei der DLG e.V. in Frankfurt am Main.

Erik Guttulsröd ist Stellvertretender Geschäftsführer und Bereichsleitung Betriebsführung und Nachhaltigkeit des Fachzentrum Landwirtschaft bei der DLG e.V. in Frankfurt am Main.

Empfohlene Zitierweise:
Hau, Kerstin; Guttulsröd, Erik: DLG-Agrifuture Insights: Regulierungen und geänderten Produktionsbedingungen begegnen. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2023. Braunschweig: TU Braunschweig / Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2024. – S. 1-8

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