Beitrag in Jahrbuch 2023
Halmguterntetechnik Halmgutkonservierung
Allgemeines
Nach allgemeinem Verständnis fallen unter den Begriff Halmgut all jene Bestandteile von Pflanzen, die einen eindeutigen halmgutartigen Charakter aufweisen und nicht zu den Hölzern zählen. Halmgut kommt von ein- und mehrjährigen Pflanzen. In erster Linie handelt es sich dabei um Strohfraktionen und Gräser. Halmgut ist typischerweise Futter für Wiederkäuer, wird aber auch als Gärsubstrat, Brennstoff und zunehmend für die Herstellung von Dämmmaterial, Papier und Verpackungen sowie Torfersatz genutzt. Die meisten halmgutliefernden Pflanzen haben saisonale Wachstumsperioden mit bestimmten Erntezeitspannen. Damit der Rohstoff ganzjährig genutzt werden kann, muss das Halmgut nach der Ernte konserviert und gelagert werden. Welche Konservierungs- und Lagerungsformen zum Einsatz kommen, hängt u.a. von den pflanzenbaulichen Gegebenheiten, den technischen Voraussetzungen und dem späteren Verwendungszweck ab.
Wie in den Jahren zuvor waren bei der Halmgutkonservierung im Berichtszeitraum relativ wenige technische Neuerungen zu verzeichnen. Bei Publikationen geht es meistens um pflanzenphysiologische Aspekte, um biochemische Prozesse (Gärung) oder um die Arbeitsorganisation.
In dieser Reihe ordnet sich auch der XXV. International Grassland Congress ein, der vom 14. - 19. Mai 2023 in Covington (Kentucky, USA) stattfand [1]. Beim weltweit beachteten Kongress wurden Themen behandelt wie z.B: Umweltschutz, Auswirkungen der Klimaveränderungen, gesunde Pflanzenbestände, hohe Futterqualitäten und angepasste Tierhaltungssysteme. Der nächste und damit XXVI. International Grassland Congress findet 2027 in Deutschland in Leipzig statt. Leipzig wurde als Austragungsort gewählt, weil 1927 in Leipzig der erste Graslandkongress tagte und der Kongress damit nach 100 Jahren an seine Gründungsstätte zurückkehrt.
Qualität wird beim Anbau gemacht
Die Qualität des zu konservierenden Halmgutes wird beim Anbau und der Ernte festgelegt. Fehler, die beim Anbau oder bei der Ernte passieren, können bei der Konservierung nur begrenzt korrigiert werden. Im Fall von Gras ist der optimale Schnittzeitpunkt von großer Bedeutung für das Silierergebnis und die Futterqualität. Mit jedem Tag nach dem optimalen Schnittzeitpunkt nimmt zwar der Ertrag um 0,8 bis 1,2 dt/ha bezogen auf die Trockenmasse (TM) zu, aber der Futterwert des Halmgutes verringert sich. So nimmt der Rohfasergehalt je Tag um 0,5 % bis 0,8 % TM zu, der Rohproteingehalt nimmt um 0,1 % TM ab und der Energiegehalt verringert sich um 0,05 bis 0,1 MJNEL/kgTM [2]. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass der erste Schnitt mitunter schon Ende April erfolgen sollte und bereits drei Wochen später der zweite Schnitt zu ernten ist [3]. Die Landwirte müssen sich in ihrer Planung darauf einstellen.
Seit einigen Jahren können Feldhäcksler mit einem NIR- Sensor ausgestattet werden, um beim Ernten den Trockenmasseertrag des Anwelkgrases zu bestimmen. Für Landwirte ergibt sich daraus zusätzlich zur Ertragskartierung auch die Möglichkeit, insgesamt das Management der Grünflächen zu verbessern. So kann anhand genauer Applikationskarten (Bild 1) die Kalkdüngung (pH-Wert Einstellung) und die Grasnachsaat gesteuert werden [4].
Bild 1: Einteilung einer Grünfläche in Zonen mit unterschiedlichem pH-Wert für eine angepasste Erhaltungskalkung mit kohlensaurem Kalk [4].
Figure 1: Classification of grassland in sub areas with similar pH for an appropriate lime application [4].
Neben Grassilage wird oft Maissilage verfüttert. Auch wenn im Grunde genommen der Weg zur Herstellung einer guten Maissilage bekannt ist, sind doch knapp 20 % der Maissilagen mit Hefen belastet [5]. Hinweise auf einen Hefe-Besatz sind Erwärmung des Silostocks oder der Totalen Mischfutterration, verminderte Futteraufnahme der Rinder, unruhiger Tierbestand und gestiegene Trockenmasseverluste. Wenn Silagen oder Mischrationen warm werden, dann sollte der Vorschub bei der Siloentnahme erhöht werden, erwärmte Schichten sind zu separieren und bei Mischrationen können Futtersäuren eingesetzt werden, um die Nacherwärmung zu begrenzen.
In Silagen können sich neben Hefen auch Schimmelpilze und Fäulnisbakterien entwickeln. Die Mikroorganismen schaden der Tiergesundheit und reduzieren letztendlich die Menge an erzeugter Milch. Eine Beispielrechnung anhand einer Silagemenge von 220 tTM verdeutlicht, dass im schlechtesten der drei betrachteten Fälle 28.800 kg Milch nicht erzeugt werden und 12.096 EUR an Einnahmen verloren gehen (Tabelle 1) [6].
Tabelle 1: Energieverlust und finanzieller Wert nicht erzeugter Milch bei unterschiedlichen Silagequalitäten [6].
Table 1: Energy and financial loss due to not produced milk for different silage qualities [6].
Silagebereitung
Vor allem größere Betriebe setzen beim Silieren von Halmgut auf Horizontalsilos (Fahrsilos). Zur Einlagerung des Gutes, zum Verdichten und zur Silageentnahme sind im Berichtszeitraum Neuerungen oder Weiterentwicklungen bekannt geworden.
Die Firma Mammut (Gurten, Österreich) bietet mit dem Silageverteiler SF 280 Gigant und der Silagewalze SK 300 H eine Gerätekombination für den Front- und Heckanbau an (Bild 2), mit der Anwelkgras im Silo verteilt und verdichtet werden kann [7]. Die Silagewalze kann mit einem klappbaren Silagekanten-Verdichter ausgerüstet werden, um auch bei Silos ohne Seitenwände an den Siloflanken gut zu verdichten. Mit allen Zusatzgewichten (u.a. Wasserfüllung) kann ein Standardschlepper auf ein Einsatzgewicht von 15 t kommen.
Bild 2: Siloverteiler und Silowalze von Mammut beim Verdichten auf einem Horizontalsilo [7].
Figure 2: Grass silage spreader and compaction roller from Mammut during compaction drives on a horizontal silo [7].
Um mit weniger Arbeits- und Kraftaufwand Horizontalsilos mit Folie zuzudecken oder die Folie wieder zu entnehmen, wurden durch Landwirte oder kleine Unternehmen Hilfseinrichtungen für den Frontanbau bei Traktoren oder Radlader entwickelt [8].
Die Firma Wasserbauer Fütterungssysteme (Waldneukirchen, Österreich) hat ein vollautomatisch arbeitendes System LIFT zur Entnahme von Silage aus Horizontalsilos [9] vorgestellt. Die Maschinenkombination entnimmt mit Hilfe von Fräswalzen Silage aus Horizontalsilos bis 4,5 m Höhe. Die entnommene Silage wird anschließend pneumatisch je nach Gegebenheit zu Vorratsbehältern oder zum Fütterungsroboter gefördert. Die Maschinenkombination steht auf schwenkbaren Rädern und kann dadurch im Silo seitlich versetzen oder automatisch zu einem anderen Silo fahren. Ab 2023 kann die Entnahmeeinheit mit einer Wärmebildkamera zum Erkennen von erwärmten Futterpartien ausgestattet werden.
Seit 2022 bietet Krone (Spelle, Deutschland) für seine Big Pack-Pressen eine integrierte Siliermittel-Dosieranlage an [10]. Das Siliermittel wird aus einem 400 Liter fassenden Tank durchsatzabhängig dem Halmgut zudosiert.
Trocknung von Heuballen
Für die technische Trocknung von Quaderballen hat die Burdorf Landmaschinen GmbH (Wallemhorst, Landkreis Osnabrück) ein neues Trocknungssystem in einem LKW-Sattelauflieger entwickelt [11]. Weil Quaderballen höher verdichtet sind als Rundballen, ist es schwieriger, durch sie gleichmäßig Luft durchzupressen. Treten Spalten zwischen den Ballen oder zwischen Ballen und Trocknerwand auf, nimmt die Luft den Weg des geringsten Widerstands und geht gar nicht oder nur wenig durch die Ballen. Damit die Ballen im Container möglichst spaltfrei liegen, wurde für den Container ein Trocknungsboden mit fernbedienbaren Kettenförderer entwickelt, der die Ballen zur Stirnwand bewegt und zusammenschiebt. Die seitliche Abdichtung zur Containerwand wird durch aufblasbare Luftsäcke erreicht.
Recycling-Maßnahmen
Zum Recycling von Silofolie wird in der Schweiz durch "Erde Schweiz" seit 2022 ein Sammelsystem aufgebaut. Der Verein „Erde Schweiz“ arbeitet mit „Erde Deutschland“ sowie der Firma RIGK, einem deutschen Recycling-Unternehmen zusammen [12]. In Deutschland hat das Konzept inzwischen eine Rücklaufquote von ca. 60 %, in der Schweiz liegt der Wert noch etwas niedriger. Die zurückgegebenen Folien müssen besenrein und frei von Fremdkörpern sein. Alle Folien werden in Deutschland durch spezielle Recycling-Betriebe zu Granulat eingeschmolzen. Aus dem Granulat können neue Kunststoffprodukte wie z.B. Silofolien hergestellt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Garne und Schnüre recycelt werden.
Ebenfalls dem Recycling haben sich das niederländische Start-up Unternehmen Healix und der israelische Bindegarnhersteller Tama verschrieben [13, 14]. Sie wollen zukünftig Bindegarne und Wickelnetze einer Wiederverwertung zuführen. Das Recyceln von Bindegarn spart im Vergleich zur Neuware bis zu 75 % CO2 ein.
Zusammenfassung
Aktuelle Ergebnisse und Forschungsarbeiten zur Graslandnutzung wurden 2023 auf dem XXV. International Grassland Congress vorgestellt. Die Bereitstellung von Halmgut mit hoher Qualität für die Fütterung ist nach wie vor ein wichtiges Thema. Das betrifft u.a. die Einhaltung des optimalen Schnittzeitpunktes und die fachgerechte Ausführung der Silierung, um Qualitätsverluste und damit Einkommensverluste zu vermeiden. In Kombination von Durchsatz- und NIR-Messungen auf dem Feldhäcksler können für Anwelkgras Informationen zur Kalkdüngung und zur Nachsaat von Gras abgeleitet werden. Neben weiterentwickelten Anbaugeräten zur Verteilung und Verdichtung von Siliergut wurde auch ein automatisch arbeitendes Silageentnahmesystem vorgestellt. Für die Trocknung von Quaderballen kann ein weiterentwickelter mobiler Trocknungscontainer eingesetzt werden. Im Interesse der Nachhaltigkeit haben sich Systeme zur Rücknahme von Silofolie, Bindegarne und Wickelnetze entwickelt. Die kunststoffbasierten Rohstoffe werden zu Granulat aufgeschmolzen und einer erneuten Nutzung zugeführt.
Literatur
[1] N.N.: Proceedings of the XXV International Grassland Congress. 14.-19. Mai 2023, Covington, Kentucky, USA, 1946 S.
[2] Kivelitz, H.: Beste Qualität vom Halm ins Silo. Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben. 178 (2022) H. 16, S. 27-28.
[3] Böttger, C.; Heimann, K.; Hoffmann, L.: Genügend Futter. Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben. 179 (2023) H. 45, S. 30-31.
[4] Borgmann, M.: Ertrag messen und dann? Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben. 178 (2022) H. 16, S. 30-31.
[5] Schmidtmann, A.: Vorsicht: warme Silagen. Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben 179 (2023) H. 23, S. 34.
[6] Fry, A.-C.: Was kostet schlechte Silage? Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben 179 (2023) H. 14, S. 33.
[7] Küper, J.-M.: Verdichtendes Duett. profi 35 (2023) H. 3, S. 22-24.
[8] Brüse, C.: Knochenjob leichtgemacht. profi 34 (2022) H. 5, S. 56-59.
[9] Zäh, M.: Siloentnahmesystem Wasserbauer Lift im Einsatzbericht: e-profi, 2023.
URL: https://www.profi.de/test/einsatzbericht-veredlungstechnik/siloentnahmesystem-wasserbauer-lift-im-einsatzbericht-30859.html, Zugriff am: 24.01.2024.
[10] Brüse, C.: Krone: Futter beim Pressen konservieren. E-Paper profi, 2022, URL: https://www.profi.de/aktuell/neuheiten/krone-futter-beim-pressen-konservieren-28582.html, Zugriff am: 18.01.2024.
[11] Böhrnsen, A.: Abdichtung per Luftsack. profi 34 (2022) H. 4, S. 86-89.
[12] Röthlisberger, H.: Silofolie-Recycling: Grosse Hoffnung in neues Sammelsystem. Schweizer Landtechnik 85 (2022) H. 4, S. 8-9.
[13] Wilmer, H.: Wickelnetz und Bindegarn recyceln. profi 34 (2022) H. 11., S. 94-96
[14] Schubner, M.: Nachhaltige Garne. Schweizer Landtechnik, 85 (2022) H. 8: S. 20.
Autorendaten
Dr. rer. agr. Thomas Hoffmann ist Leiter der Abteilung Systemverfahrenstechnik am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam.