Beitrag in Jahrbuch 2017

Traktoren Hydraulik in Traktoren und Landmaschinen

Kurzfassung:

Der branchenübergreifende Trend zu effizienteren Antriebssystemen lässt sich bereits seit Jahren in der Hydraulik beobachten. Durch eine bessere Anpassung der im Antriebssystem vorhandenen Komponenten gelingt es, in verschiedenen Anwendungen Effizienzvorteile zu erzielen. Sowohl auf Komponenten- als auch auf Systemebene wird hierbei auf die Reglungstechnik gesetzt, um Betriebsparameter bestmöglich einzustellen und prinzipbedingte Verluste zu reduzieren.

Volltext

Einleitung

Laut VDMA Fluidtechnik startete für die Hydraulikbranche das Jahr 2017 mit einer unerwartet hohen Nachfrage. Die hohe Nachfrage hielt über das gesamte Geschäftsjahr an, womit die Branche einen Umsatz von 4,9 Mrd. Euro erzielen konnte. Dies führte im zurückliegenden Geschäftsjahr zu einem zweistelligen Umsatzwachstum in Höhe von 10% für die Hydraulikbranche. Aktuell liegen dem VDMA Fluidtechnik noch keine detaillierten Informationen zu den Abnehmerbranchen vor. Es bleibt daher abzuwarten, ob die inländische Landtechnik erneut hinter der Nachfrage im Bereich der Bau- und Baustoffmaschinen sowie der Fördertechnik liegt.

Für das Geschäftsjahr 2018 geht der VDMA Fluidtechnik von einer Wachstumsrate in Höhe von 4% aus.

 

Maßgebende Tagungen im Berichtszeitraum waren die 15. Scandinavian International Conference on Fluid Power (SICFP), die in Linköping ausgetragen wurde, die 6. Fachtagung Hybride und energieeffiziente Antriebe für mobile Arbeitsmaschinen in Karlsruhe sowie das Symposium on Fluid Power and Motion Control (FPMC), das in Sarasota abgehalten wurde. Ferner wurde die 75. Tagung LAND.TECHNIK (VDI-MEG) im Vorfeld der Agritechnica in Hannover durchgeführt.

 

Komponenten

Im Bereich der Komponenten wurden im Berichtszeitraum auf den bekannten Hydrauliktagungen, in Fachzeitschriften und auf der Agritechnica vor allem Neu- und Weiterentwicklungen von Hydrostaten mit verstellbarem Fördervolumen vorgestellt. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Untersuchung verschiedener Einflüsse auf den Wirkungsgrad und damit verbundener Maßnahmen zur Effizienzsteigerung.

 

Hydrostaten

Die Saugdrosselung als Verstellmethode für Hydraulikpumpen und -motoren wurde bereits in [1] untersucht, insbesondere im Hinblick auf Druckpulsationen und Volumenstromschwankungen. Auf dem SICFP in Linköping, Schweden, griffen die ansässigen Forscher diesen Ansatz wieder auf und präsentierten eine Weiterentwicklung dieser Verstellungsart am Beispiel einer Axialkolbenpumpe. Dabei wird das effektive Fördervolumen nicht durch die Variation des Zylinderhubes verstellt, sondern durch eine Verdrehung der Steuerscheibe. Das Prinzip veranschaulicht Bild 1. In der unteren Darstellung arbeitet die Maschine als Pumpe mit vollem Fördervolumen (e = 1). Durch die Verdrehung der Steuerscheibe kann das Fördervolumen bis auf null zurückgestellt werden (mittlere Darstellung). Hier ist die Hochdruckseite (rot) mit den Kolben verbunden, die sich nahe dem unteren Totpunkt befinden, sodass das effektive Fördervolumen minimiert ist. Wird die Scheibe weiter verdreht, arbeitet die Maschine als Motor. Das beschriebene Verstellprinzip wurde mit Hilfe eines Prototyps untersucht, indem die Steuerscheibe über ein durch einen Elektromotor angetriebenes Schneckenrad verstellt wurde. Dabei zeigte sich, dass die Verstellgeschwindigkeit und der volumetrische Wirkungsgrad gering waren, was den Autoren zufolge nicht auf das Funktionsprinzip, sondern auf den vereinfachten Prototypen zurückzuführen ist. Auftretende Druckpulsationen und damit verbundene Geräuschemissionen können möglicherweise durch ein angepasstes Design und eine geringere Drehzahl vermieden werden. [2]

Bild 1: Position der Steuerscheibe für den Pumpenmodus mit vollem Fördervolumen (unten, e = 1), für kein Fördervolumen (Mitte, e = 0) und für den Motormodus mit vollem Fördervolumen (oben, e = -1) [2]

Figure 1: Position of the valve plate for full pump-mode (bottom, e = 1), for no-flow (middle, e = 0) and full motor-mode (top, e = -1) [2]

 

Eine neue Regelstrategie für Axialkolbenmaschinen in Schrägscheibenbauweise wurde in [3] untersucht. Das Konzept fußt auf einem Software-basierten Regler, der das elektromagnetische Ventil zur Betätigung des Verstellzylinders ansteuert. Hierzu wird der aktuelle Schwenkwinkel der Einheit über einen Hall-Sensor gemessen, der die Rückführung im Regelkreis darstellt. Die Parametrierung des Reglers erfolgt über ein vereinfachtes Pumpenmodell über einen Ansatz der Polvorgabe. Simulation und Prototyp zeigten, dass der Regler flexibel und einfach einzubauen ist, schnelle Antwortzeiten und gleichzeitig hohe Dämpfung ermöglicht.

Einen Ansatz zur Berechnung der Leckageverluste am Kolben in Kolbenmaschinen wird in [4] präsentiert. Darin werden die volumetrischen Verluste mit Hilfe mathematischer Berechnungen unter Berücksichtigung der Temperatur, des Drucks, der Drehzahl und der Geometrie der Kolben ermittelt. Die Ergebnisse wurden im Folgeschritt mit gemessenen Daten verglichen, wobei nur statische Betriebszustände berücksichtigt wurden. Es hat sich gezeigt, dass die Abweichungen zwischen Berechnung und Messung laut der Autoren in einem akzeptablen Bereich liegen und dass die Gleichungen daher zur gezielten Anpassung der Geometrie genutzt werden können, um die Leckage zu reduzieren.

Mit einer anderen Herangehensweise zur Erhöhung des Wirkungsgrads von Axialkolbenmaschinen in Schrägachsenbauweise beschäftigt sich [5]. Im Blickpunkt liegt der Einsatz der Hydrostaten in hydraulisch-mechanisch leistungsverzweigten Getrieben, die so ausgelegt werden, dass zu möglichst großen Zeitanteilen ein großer Leistungsanteil über den mechanischen Pfad übertragen wird. In der Folge arbeiten die Hydrostaten oft im Teillastbereich, in dem sie einen geringen Wirkungsgrad aufweisen. Daher wird vorgeschlagen, die Schwenkachse der Schrägachsenmaschine aus der Mitte nach außen zu verlagern, siehe Bild 2. Um die dadurch erhöhten Verstellkräfte zu reduzieren, werden Pumpe und Motor in einem Doppeljoch angeordnet, wobei die Achsen beider Hydrostaten entgegengesetzt verschoben werden. Auf diese Weise werden Kompressionsverluste reduziert.

Bild 2: Querschnitt einer Schrägachsenmaschine mit Standard-Schwenkachse (links) und mit verschobener Schwenkachse (rechts) [5]

Figure 2: Cross-section of a bent axis unit with standard swivel axis (left) and with new swivel axis (right) [5]

 

Ventile

Auch in der Ventiltechnik werden Möglichkeiten zur simulativen Untersuchung des Strömungsverhaltens gesucht. Eine Möglichkeit zur Beschreibung des Druck-Volumenstrom-Verhaltens von Druckbegrenzungsventilen wird in [6] vorgestellt. Darin wurde ein 3D-CFD-Modell eines Ventils mit Strömungsumlenkung zur Kompensation von Strömungskräften erstellt, welches ohne Prüfstandversuche parametriert werden kann. Berücksichtigt werden die Federvorspannung, Strömungsumrichter-Geometrien und Position sowie Geometrie des Kegelsitzes. Der Vergleich der Berechnungsergebnisse für Druck und Volumenstrom mit Messdaten zeigt eine sehr gute Übereinstimmung, sodass das Modell Zusammenhänge zwischen den untersuchten Parametern abbilden und zur Auslegung von Ventilen genutzt werden kann.

Ein Potential zur Effizienzsteigerung bei Ventilblöcken liegt in der Optimierung der Kanalgeometrie. Mit herkömmlichen Herstellungsverfahren sind im Inneren nur winklige Verbindungen mit scharfen Kanten zwischen den Kanälen möglich. Mit additiven Herstellungsverfahren kann dieses Problem gelöst werden. So stellte Tries auf der Agritechnica einen mittels 3D‑Druckverfahren hergestellten Ventilblock aus Aluminium vor (Bild 3). Durch das Verfahren wird die Flexibilität hinsichtlich der geometrischen Ausgestaltung der Bauteile ermöglicht, eine Nachbearbeitung der Gewinde und Flanschflächen ist weiterhin erforderlich. Laut Hersteller ist so eine Gewichtseinsparung von 25% möglich, Druckverluste können um bis zu 18% verringert werden. Der maximale Betriebsdruck liegt aktuell bei 250 bar.

Bild 3: Ventilblock aus herkömmlichen Fertigungsverfahren (links) und 3D-Druck (rechts) [Tries]

Figure 3: Valve block produced with conventional manufacturing processes (left) and with 3D-print (right) [Tries]

 

Bondioli & Pavesi zeigten auf der Agritechnica eine elektrische Lösung für ein proportional gesteuertes LS-Boosterventil. In der hydraulischen Druckmeldeleitung eines LS-Systems treten Druckverluste auf, die in Abhängigkeit des Betriebszustands variieren können. Um diesen Effekt zu kompensieren, wird im gezeigten Konzept am Ventilblock ein Drucksensor angebracht und über ein Proportionalventil der Druck so erhöht, dass am Ventilblock der geforderte Druck anliegt. Damit kann die Druckerhöhung statisch oder dynamisch an den Verbraucher und den Betriebszustand angepasst werden.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Bosch Rexroth mit dem vorgestellten e-LS. Hier wird die hydraulische Meldeleitung an die Pumpe durch eine elektrische Signalleitung ersetzt. Am Ventilblock wird ein Drucksensor angebracht, dessen Messsignal über ein elektronisches Steuergerät an die Pumpe weitergegeben wird. Der vorzuhaltende Drucküberschuss kann variabel eingestellt werden, sodass das System mit geringeren Drosselverlusten betrieben und Energie eingespart werden kann. In der Software können außerdem feste Parameter, beispielsweise für die Druckdifferenz, hinterlegt werden. Auf diese Weise können Kombinationen aus Traktor und Anbaugerät individuell aufeinander abgestimmt werden.

 

Effizientere Antriebssysteme

Neben der Weiterentwicklung auf Komponentenebene wurden in zahlreichen Arbeiten Konzepte erarbeitet, um systembedingte Energieverluste zu reduzieren. Hierbei lag der Fokus vor allem auf drehzahlvariablen Pumpenantrieben zur Leistungsbereitstellung und Leistungswandlung.

Vor dem Einsatz neuer elektrohydraulischer Antriebstopologien für bestehende Maschinenfunktionen stellt sich die Frage, welche Topologie für den betrachteten Anwendungsfall eine geeignete Lösung darstellt. Für die Arbeitshydraulik eines Radladers wurde dieser Fragestellung in [7] simulativ nachgegangen. Der untersuchte Lösungsraum für die Antriebstopologien umfasste dabei für Einpumpensysteme ohne Energierückgewinnung ein elektrisch angetriebenes Load Sensing System (Electric Load Sensing Systems, Abk. E-LS) sowie ein Bedarfsstromsystem (Electric Intelligent Flow Control, Abk. E-IFC). Für Systeme mit Energierückgewinnung wurden gekoppelte (Electric Pump Controlled Actuation Systems, Abk. E-PCA) und unabhängige Einzelantriebe (Electro-Hydrostatic Actuation Systems, Abk. EHA) untersucht. Mit vereinfachenden Systemannahmen (z.B. Verwendung von Pumpenkennfeldern, Beschränkung auf die Arbeitshydraulik etc.) konnten für den kurzen Y-Ladezyklus eines Radladers mittlerer bis großer Baugröße vergleichende energetische Untersuchungen angestellt werden. Die Studie zeigte dabei Energieeinsparungen gegenüber dem E-LS als Referenzsystem in Höhe von 8% mit E-IFC, 33% mit E-PCA und 45% mit EHA. Das sich ändernde dynamische Systemverhalten und der monetäre Einfluss durch die divergente Komplexität der Systeme war nicht Bestandteil der Studie.

Energetische Betrachtungen zu dezentralen hydraulischen Antrieben für Minibagger wurden auch in [8] und [9] untersucht. Ziel war es hierbei, energetische Verluste in LS‑Systemen, die durch den Parallelbetrieb von Aktoren bei unterschiedlichen Druckniveaus der Aktoren systembedingt auftreten, durch den Einsatz hydraulischer Powerpacks einzusparen. Hierzu wurden Ausleger, Löffelstiel und Löffel jeweils durch einen geschwindigkeitsgeregelten Elektromotor, zwei Konstanthydrostaten, 2/2-Wegeventile und zwei Hydraulikspeicher betrieben. Für Grabzyklen wurden simulativ Systemwirkungsgrade von ca. 73% ermittelt, wobei 5% der Eingangsleistung in elektro-mechanische und 22% in mechanisch-hydraulische Verluste überführt wurden.

Einen Ansatz zur Kombination der Vorteile elektromechanischer und hydraulischer Linearantriebe in einem Aktuator zeigte [10]. Ziel des Forschungsprojekts ist die Erarbeitung von Antriebsstrukturen zur Umsetzung einer schaltbaren Übersetzung in elektrohydraulischen Kompaktantrieben. Dabei nehmen die Kompensation des Pendelvolumens sowie die Umschaltung der Übersetzung zentrale Projektinhalte ein. Auf konzeptioneller Ebene wurde eine Methodik zur Beurteilung des Downsizing-Potentials sowie eine Schaltungssystematik zur Übersetzungsumschaltung entwickelt, Demonstratoren sollen bis zum Projektende vorliegen.

Ein Vorhaben zur Kombination einer thermohydraulischen mit einer thermoelektrischen Freikolbenmaschine zu einem sogenannten "Thermohydraulischen Lineargenerator" wurde in [11] beschrieben. Die Motivation für diese Grundlagenforschung liegt darin, die in leistungsverzweigten Antriebskonzepten vielfach zur Anwendung kommende elektrische und hydraulische Leistung mit einem Aggregat bereitzustellen, ohne einen Antriebsstrang bestehend aus VKM, Hydraulikpumpe und Generator nutzen zu müssen. Durch diesen Ansatz sollen Wandlungsverluste und Komponentenkosten eingespart werden. Bislang wurden in diesem Vorhaben konzeptionelle Arbeiten wie die Anforderungsdefinition an die Systemkonfiguration, die Konzeptionierung des Lineargenerators sowie die Erarbeitung von Regelungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen des Vorhabens soll zu einem späteren Zeitpunkt ein Prototyp des thermohydraulischen Lineargenerators aufgebaut werden.

In [12] wurde auf konzeptioneller Ebene ein Antriebsstrang für einen Radlader mittlerer Baugröße vorgestellt, der die Fahr- und Arbeitsfunktionen über zwei gemeinsam genutzte Druckleitungen verbindet. Für die Fahrfunktion beinhaltet der Antriebsstrang ein eingangsgekoppeltes hydraulisch‑mechanisch leistungsverzweigtes Getriebe. Die translatorischen Arbeitsfunktionen werden mittels sekundärgeregelter Linearaktuatoren mit variabler Verdrängung realisiert. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, realisierbare energetische Vorteile gegenüber vergleichbaren konventionellen Antriebssträngen herauszustellen und einen Beitrag zur Reduzierung von Anforderungen zum Speichern rekuperierbarer Energie zu leisten.

Neben den genannten Untersuchungen zu drehzahlvariablen Antrieben werden auch Bedarfsstromsysteme weiter untersucht. Bei dem 2015 vorgestellten elektro-hydraulischen Bedarfsstromsystem (eBSS) konnten Effizienzvorteile sowie eine erhöhte Bedienerfreundlichkeit nachgewiesen werden. [13] Weiterführende Untersuchungen hatten ergeben, dass die vorhandenen Verluste im eBSS‑System durch das Trennen der vorhandenen Steuerkanten im Zu- und Ablauf der Aktoren weiter reduziert werden können. Neben der Reduktion von Drosselverlusten bei passiven Lasten können aktive Lasten energieneutral bewegt werden. Laut [14] ist bei einer Forstkrananwendung eine Energieeinsparung in Höhe von 4% im Vergleich zu dem herkömmlichen eBSS‑System möglich. In einem zweiten Schritt ist geplant, den Kran mit Hydraulikspeichern auszustatten, um potentielle und kinetische Energie rekuperieren zu können. Durch das Trennen der Steuerkanten sowie durch das Einbringen eines Hydraulikspeichers in das System sind aus Regelungsgründen detaillierte Systeminformationen notwendig. Neben den Drücken im Zu- und Ablauf bedarf es eines Regelkonzepts, welches das Zuschalten des Speichers, unabhängig dessen Füllgrads, erlaubt ohne die auszuführende Bewegung zu beeinträchtigen. Erste Funktionsnachweise zur Weiterentwicklung werden in [15] vorgestellt.

 

Regelung hydraulischer Antriebe

Um vorhandene Systemfreiheitsgrade bestmöglich ausnutzen zu können, wird an der University of Los Andes (Colombia) ein Fuzzy‑Regler zum Energiemanagement in einem Hybridbus eingesetzt [16]. Untersuchungsgegenstand des Forschungsvorhabens ist die bestmögliche Schwenkwinkeleinstellung der Hydrostaten. Hierzu wird eine optimale Kombination des Pumpen- und Motorschwenkwinkels ermittelt, um eine möglichst hohe Gesamteffizienz zu erreichen. Anhand der definierten Fuzzy-Regeln und des vorliegenden Fahrzeugzustands werden möglichst optimale Werte der Stellgrößen eingeregelt. Mit diesem Regelungskonzept wird eine bessere Regelgüte als mit konventionellen PID‑Reglern erreicht. Im Vergleich zum Hybridantrieb ohne Regelung erhöht sich die Energieeffizienz um 5%.

 

Neben Fuzzy-Reglern wird auch an Dynamic Programming (DP) und neuronalen Netzen (NN) für das Powermanagement von hydraulischen Hybridantrieben (siehe Bild 4) gearbeitet [17]. Um eine möglichst optimale Steuerung des Antriebsstrangs zu erreichen, erfolgte der Reglerentwurf mittels DP. Ein Simulationsmodell diente der virtuellen Erprobung und Ermittlung der zu wählenden Systemparameter. Auf Basis dieser gewonnenen Informationen konnte in einem zweiten Schritt ein NN trainiert werden, um das optimale DP‑Speicherdruckprofil vorherzusagen. Die Prädiktion basiert auf der Fahrzeuggeschwindigkeit der letzten 30 Sekunden. Die abschließende Bewertung der NN‑Powermanagement-Strategie erfolgt anhand zweier, für das NN unbekannten Testzyklen, wobei die erzielte Kraftstoffeinsparung bei 5,9% liegt.

Bild 4: Hydraulischer Serienhybrid-Antriebsstrang [17]

Figure 4: Series hydraulic hybrid transmission [17]

 

Aufgrund der kostenintensiven Entwicklung und der vorgestellten Regelungskonzepte wird an einfacheren und robusten hydraulischen Lösungen gearbeitet. Das Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der RWTH Aachen arbeitet an einem Hybridsystem ohne Regler für Bagger [18]. Hierzu wird auf ein hydromechanisch gesteuertes Ventilsystem zurückgegriffen.

 

Digitalhydraulik

Die Digitalhydraulik verfolgt den Ansatz der Verwendung diskreter Regelungselemente. Das hohe Potential hinsichtlich der Energieeffizienz und der Regelgüte veranlasste sowohl Forschungseinrichtungen als auch die Industrie zu eingehenden Untersuchungen.

An der Wuhan University of Technology wurde eine neue Regelung zur Zylinderansteuerung, welche auf zwei Schaltventilen basiert, entwickelt. Eines der Ventile gibt die Verbindung zum Tank frei, das zweite Ventil entscheidet über die Bewegungsrichtung des Zylinders. Im Rahmen der Entwicklung wurde dem zweiten Ventil eine Reihenschaltung, bestehend aus einem Schaltventil, einer hydraulischen Kapazität und einer hydraulischen Induktivität, parallelgeschaltet. Mit dem aufgebauten RLC-Schwingkreis konnte die im Fokus der Arbeit stehende Verlustleistung durch Schaltvorgänge um 14,7% gegenüber dem Referenzsystem reduziert werden. [19]

Zusammen mit der Tampere University of Technology (TUT) stellte die Aalto University in [20] und [21] ein dezentrales Digitalhydrauliksystem vor. Ein Aktuator, abgebildet durch einen Hydraulikzylinder, wird dabei von mehreren Druckquellen, abgebildet durch asymmetrische Zylinder, versorgt. Die Verbindung zwischen Aktuator und einer der Druckquellen wird über Schaltventile realisiert. Ein Schema des Konzeptes mit vier unterschiedlichen Druckniveaus zeigt Bild 5.

Bild 5: Vereinfachter Hydraulikschaltplan des Digitalhydrauliksystems mit vier Druckniveaus [21]

Figure 5: Simplified hydraulic diagram of a digital hydraulic system with four pressure levels [21]

 

Die Versorgung des Systems erfolgt über eine Konstantpumpe (in der Abbildung nicht dargestellt). Deren Dimensionierung orientiert sich am mittleren Volumenstrombedarf, die Bedarfsspitzen werden über einen integrierten Hydraulikspeicher abgedeckt. Damit ist ein Downsizing oder eine Anpassung des Betriebsbereiches des Primärantriebes denkbar. In praktischen Versuchen konnte eine Reduzierung der Verlustenergie um bis zu 77% gegenüber eines üblichen Load Sensing Systems nachgewiesen werden. [20; 21]

Vor dem Hintergrund der Reduzierung des Bauraumbedarfes sowie der Reduzierung der Antwortzeit wurde an der Aalto University School of Engineering ein neuartiges Digitalventilsystem entwickelt. Das beschriebene System, bestehend aus 32 Pilot-Schaltventilen inklusive Steuerelektronik, benötigt den Bauraum eines üblichen 4/3‑Wegeventils. Durch den geringen Ventilhub der Pilot‑Schaltventile erreicht das System eine Antwortzeit von 2 ms. Der Durchfluss der vier unabhängigen Steuerkanten wird mit jeweils 30 l/min bei einer Druckdifferenz von 5 bar und mit 78 l/min bei einer Druckdifferenz von 35 bar angegeben. Auf der Gegenseite kann ein Leckagevolumenstrom von bis zu 5 l/min bei einer Druckdifferenz von 100 bar auftreten. [22]

Ein weiteres Digitalhydrauliksystem wurde mit dem von Danfoss vorgestellten Pumpenkonzept DDP auf der Agritechnica gezeigt. Eine Pumpeneinheit besteht aus zwölf Radialkoben, die zusammen ein Schluckvolumen von 96 cm³ besitzen. Der modulare Aufbau dieser Einheiten ermöglicht einen Zusammenschluss zu einer entsprechend größeren Pumpe. Durch eine elektrische Pumpenverstellung ergeben sich laut Danfoss nennenswerte Effizienzvorteile. In [23] ist ebenso eine Digitalpumpe beschrieben (vgl. Bild 6). Die Pumpe verfügt über drei Kolben und zwei hochdynamische Schaltventile je Verdrängerkammer. Die Drehzahl ist durch die Ventilgeschwindigkeit auf 700 1/min begrenzt. Am Beispiel dieser Pumpe wurde ein Algorithmus zur Effizienzverbesserung mittels Anpassung der Ventilstellzeiten vorgestellt. Durch ein gezieltes Öffnen und Schließen der Ventile kann der Algorithmus bei Detektion einer Druckspitze über die Messung des Hochdruck- und des Niederdruckbereiches in Echtzeit Einfluss auf das System nehmen. Der Fehler bei den durchgeführten Untersuchungen wird mit unter 5% angegeben. Auf bisher im Zylinder verbaute Drucksensoren kann verzichtet werden, wodurch sich Kosten- und Komplexitätsreduzierungen ergeben. [23]

Bild 6: Vereinfachter Schaltplan einer Digitalpumpe [23]

Figure 6: Simplified hydraulic diagram of a digital pump [23]

 

Die Digitalhydraulik ermöglicht das Prinzip der Leistungswandlung, wie es aus der Elektrotechnik durch den Einsatz von DC-DC-Wandlern bekannt ist. An der University of Saskatchewan wurde ein Vergleich zwischen elektrischen und hydraulischen Wandlern angestellt, die nach einem gleichen Prinzip arbeiten. Die wesentliche Grenze des hydraulischen Wandlers liegt im dynamischen Verhalten durch die höheren wirksamen Massen. Daneben wird die mit den Druckpulsationen einhergehende Geräuschentwicklung angeführt. [24]

Zusammenfassung

Die Effizienzverbesserung hydraulischer Antriebe ist nach wie vor Motivation zahlreicher Entwicklungsvorhaben. Sowohl auf Komponenten- als auch auf Systemebene wird ein erhöhter Regelungsaufwand in Kauf genommen, um die im System vorhandenen Freiheitsgrade bestmöglich auszunutzen. Durch die Ergänzung bestehender Systeme um elektronische Komponenten gelingt eine bessere Anpassung an sensierte Betriebszustände. Der dadurch steigende Reglungsaufwand ist Grund für Forschungsvorhaben in Wissenschaft und Industrie. Da es mit diesem Ansatz auch gelingt, das Betriebsverhalten der Systeme zu verbessern, ist abzusehen, dass der Anteil elektronischer Komponenten auch in Zukunft weiter zunehmen wird. Ferner wird durch den Einsatz von elektrischen Antrieben versucht, den Vorteil der mit geringen Verlusten behafteten Leistungswandlung aus der Elektrotechnik für Pumpenantriebe zu nutzen, um effizientere Versorgungssysteme zu entwickeln. Zur effizienten und rein hydraulischen Bedarfsstrombereitstellung wird außerdem weiter an digitalhydraulischen Lösungen gearbeitet.

Literatur

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[3]     Larsson, L. V.; Krus, P.: Displacement Control Strategies of an In-Line Axial-Piston Unit, 15th SICFP 2017, Proceedings of the 15th Scandinavian International Conference on Fluid Power, 07.-09.06.2017, Linköping.

[4]     Gärtner, M.; Murrenhoff, H.: Comparison of analytical and experimental investigation of volumetric losses in the piston-bushing contact of axial piston machines, Antriebstechnisches Kolloquium ATK 2017, Tagungsband, S. 521-534, ISBN 9783743148970.

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[8]     Zhang, S.; Minav, T.; Pietola, M.: Decentralized Hydraulics for Micro Excavator, 15th SICFP 2017, Proceedings of the 15th Scandinavian International Conference on Fluid Power, 07.-09.06.2017, Linköping.

[9]     Zhang, S.; Minav, T.; Pietola, M.: Improving Efficiency Of Micro Excavator With Decentralized Hydraulics, FPMC 2017, Proceedings of the ASME/BATH 2017 Symposium on Fluid Power and Motion Control, 16.-19.10.2017, Sarasota.

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[14]   Scherer, M.: Intelligente Elektrohydraulik zur Steigerung der Energieeffizienz, Ergonomie und Produktivität von Forstmaschinen, 9.Kolloquium Mobilhydraulik, 2016, KIT Scientific Publishing, Karlsruhe, ISBN: 978-3-7315-0573-0.

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Empfohlene Zitierweise:
Guo, Jihao; Kossen, Hans Norbert; Neurath, Hagen; Ritters, Kerstin; Winkelhahn, Philipp: Hydraulik in Traktoren und Landmaschinen. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2017. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2018. – S. 1-13

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