Beitrag in Jahrbuch 2017

Technik für den Hackfruchtanbau Kartoffeltechnik

Kurzfassung:

Bei der Mechanisierung des Anbaus von Kartoffeln gibt es weltweit große Unterschiede, die unter anderem durch die Arbeitslöhne sowie durch die verfügbare Traktorentechnik begründet sind. Obwohl die größten Wachstumsraten im Anbau in Asien zu verzeichnen sind, ist die dort eingesetzte Technik eher schlicht. Daher konzentriert sich der vorliegende Bericht auf aktuelle technische Entwicklungen für die Länder in Europa und Nordamerika, in denen eine höhere Produktivität und Effizienz beim Maschineneinsatz im Vordergrund steht. Die stetig wachsenden Ansprüche haben zu neuen Entwicklungen entlang der Wertschöpfungskette (vom Legen bis zum Einlagern) geführt, die nachfolgend an ausgewählten Beispielen vorgestellt werden.

Volltext

Allgemeine Entwicklungen

Die Bedeutung der Kartoffel als Nahrungsmittel ist weiterhin groß [1]. Während in vielen Ländern der Welt die klassische Speisekartoffel als Grundnahrungsmittel dient, kommen in den weiter entwickelten Ländern Europas, Nordamerikas und Asiens zunehmend verarbeitete Kartoffeln in den Handel. Damit steigt der Anspruch an die Qualität der Rohware, die maßgeblich durch die Technik im Kartoffelanbau, insbesondere durch die mechanische Belastung bei der Ernte und bei der Einlagerung, mit beeinflusst wird.

Technik zum Legen und Pflegen der Kartoffel

Pflanzenschutz und Nährstoffversorgung rücken verstärkt in den Fokus der Anbauer. Die Hersteller reagieren darauf mit neuen Fassanlagen für den Transport von flüssigen Pflanzenschutzmitteln (PSM) im Frontanbau des Traktors und mit weiterentwickelten Furchenziehern, die eine gleichzeitige Applikation von PSM auf die Knolle und in die Furche (so genannte Furchenbehandlung) in flüssiger und granulierter Form ermöglichen. Des Weiteren gibt es neue Ansätze zur streifenförmigen Ablage von Düngemitteln im Damm (Bild 1). Derzeit übliche Verfahren nutzen entweder Hohlschare oder Hohlscheiben, um den Dünger gezielt links und rechts der Knolle zu platzieren (Bild 1 A). Dabei wird eine Ab­la­ge des Düngers angestrebt, die ca. 3-5 cm tiefer als das Pflanzgut liegt, um so gezielt das Wur­zelwachstum und die Lage des Knollennestes zu beeinflussen und den Anteil oberflächlich grüner Knollen zu minimieren. Vergleichsweise neu ist der Ansatz, die mineralische Dün­gung nicht beim Legen, sondern zeitlich verzögert nach dem Auflaufen durchzuführen [2; 3].

Bild 1: Schematische Darstellung der klassischen Applikation von Düngemitteln beim Legen (A)
bzw. zeitlich versetzte Injektion flüssiger Düngemittel in den Kartoffeldamm (B)

Figure 1: Comparison of application of conventional solid fertilizer (A) and liquid fertilizer (B)

Die eingesetzten Maschinen sind so aufgebaut, dass sie den Damm leicht formen und oberflächlich glätten. In die formenden Leitbleche sind stechende/schneidende Werkzeuge integriert (Bild 1 B), mit deren Hilfe flüssige Düngemittel in den Damm unterhalb der Knolle eingebracht werden. Mit der dargestellten Technik sollen unerwünschte Nährstoffverlagerungen minimiert werden. Dem ökologischen Vorteil der gezielten Nährstoffgabe in ein bereits bestehendes feines Wurzelwerk stehen zwei Nachteile gegenüber. Einerseits können sowohl stechende als auch schneidende Werkzeuge dieses feine Wurzelwerk verletzen. Andererseits können insbesondere die schneidenden Werkzeuge die Gefügestabilität des Dammes auf leichtem Boden negativ beeinflussen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Art der Nährstoffapplikation mit der gegebenen Bauweise der Werkzeuge durchsetzen kann.

Allgemeine Entwicklungen zur Ernte von Kartoffeln

Der Trend zum betrieblichen Wachstum und zur Spezialisierung im Kartoffelbau hat sich weiter fortgesetzt. Daneben ist auch der Knollenertrag in den vergangenen vier Jahrzehnten von ca. 236 dt/ha (1976) auf durchschnittlich über 444 dt/ha (2016) in Deutschland gestiegen [4]. Die Kombination dieser Entwicklungen hat Auswirkungen auf die Anforderungen an die Mechanisierung und die erforderliche Ernteleistung. Dabei wird derzeit intensiv diskutiert, ob die Mechanisierung der Kartoffelernte aus Gründen der Bodenhygiene (d.h. mit der Verbringung von kritischen, bodenbürtigen Schadorganismen von einer Fläche zur nächsten) zukünftig stärker einzelbetrieblich erledigt werden sollte oder ob die bisher üblichen überbetrieblichen Maschineneinsätze mit gezielten Reinigungsmaßnahmen auch zukünftig ihre bedeutende Rolle bei der Kartoffelernte behalten werden. Die nachfolgend vorgestellten Weiterentwicklungen gehen auf die Technik der Erntevorbereitung, auf Ernteverfahren, Maschinenkonzepte mit neuen Bunkervarianten und die damit verbundenen Fahrwerkskonzepte sowie Aspekte der Logistik von Kartoffeln näher ein.

Technik zur Ernte, Reinigung und Transport von Kartoffeln

Erntevorbereitung Krautschlagen

Neue Kartoffelsorten, insbesondere für die Stärkeproduktion, haben z.T. erheblich mehr Kartoffelkraut als noch vor einigen Jahren. Oberflächliche Pflanzenteile erreichen inzwischen eine Höhe von 120 bis 150 cm über dem Damm und können so zu Beeinträchtigungen bei der Ernte führen. Neben den üblichen Krautschlägern mit Konturschlegeln auf einer horizontalen Welle, kommen vereinzelt auch Kettenmulcher und horizontal umlaufende Messer (nach dem Prinzip eines Rasenmähers) zum Einsatz. Die Erfahrungen mit diesen Werkzeugen sind widersprüchlich. Sie lassen erwarten, dass neben der Schlägelfunktion weitere Optimierungen zur gezielten, tiefen Krautablage zwischen den Dämmen erfolgen werden. Einzelne Hersteller kombinieren umlaufende Krautrupfer mit nachfolgenden Messern zum Wurzelschneiden mit zusätzlichen sensorgesteuerten Düsen für die Behandlung nicht erfasster Reststängel [5]. Durch die Kombination von chemischen und mechanischen Maßnahmen der Krautregulierung sollen die Abreife und die Schalenfestigkeit der Kartoffeln beschleunigt sowie die nachfolgende Ernte zusätzlich erleichtert werden.

Weiterentwicklungen bei Fahrwerks- und Bunkerkonzepten in der gezogenen Erntetechnik

Gezogene Erntetechnik hat im Vergleich zu selbstfahrender Erntetechnik die weitaus größere Bedeutung. Dabei werden einreihige Maschinen nach wie vor stark von Betrieben nachgefragt, die Ihren Schwerpunkt im Bereich hochwertiger Speiseware haben. Die technische Ausführung erfolgt als klassischer Kartoffelvollernter mit Sammelbunker.

Bei den verkauften Einheiten geht der Trend seit einigen Jahren deutlich in Richtung zweireihige Erntetechnik. Dies gilt insbesondere für die Märkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auffallend ist, dass immer mehr europäische Hersteller Maschinen mit nur zwei anstelle der bisher üblichen drei Trenngeräte für dieses Marktsegment entwickeln. Es ist davon auszugehen, dass diese vergleichsweise preiswerten Maschinen den Übergang zur mehrreihigen Erntetechnik bei wachsenden Betrieben erleichtern [6].

Bei den eingangs beschriebenen, wachsenden Erträgen ergibt sich die Folgerung, die Maschinen entweder mit größeren Sammelbunkern auszustatten oder das Verfahren vom klassischen Bunkern und Entladen am Feldrand auf das Entladen während des Rodens umzustellen. Bild 2 zeigt eine schematische Darstellung der Ernte mit Bunkerroder (A) und der Ernte mit einem Überladeroder (B), der das Entleeren/Überladen während der Fahrt ermöglicht. Letztere haben vor allem in den Niederlanden, in Großbritannien und Nordfrankreich eine größere Verbreitung. Die Ansprüche an die Logistik sind dabei insgesamt höher, da die Erntemaschine nicht ohne nebenherfahrendes Transportfahrzeug roden kann.

 

Bild 2: Vergleichende Darstellung der Ernteverfahren mit Bunkerroder (A) und Überladeroder (B)

Figure 2: Comparison of potato harvest with a bunker harvester (A) and an elevator harvester (B)

 

Mit der Forderung nach größeren Bunkern kommen die Maschinen an die Grenzen der Zulassung für den Straßenverkehr in verschiedenen europäischen Ländern. Erstmals zeigt ein Hersteller ein dreirädriges Fahrwerk ("TriSys") für Kartoffelerntemaschinen, um den Kontaktflächendruck auf den Boden zu reduzieren und gleichzeitig die Erfordernisse der Straßenverkehrszulassungsordnung zu erfüllen (Bild 3).

Bild 3: Dreirädriges Fahrwerk "TriSys" einer Kartoffelerntemaschine für mehr Bodenschonung [7]

Figure 3: Trailed potato harvester with "TriSys" wheel-system for a reduced impact to the soil [7]

 

Für die Kartoffelernte bei feuchten und nassen Bodenbedingungen gibt es seit vielen Jahren hydraulisch angetriebene Triebachsen. Die Triebachse wird üblicherweise nur temporär (bedarfsgerecht) zugeschaltet, um so den Verschleiß und den Kraftstoffbedarf des Traktors zu minimieren. Nachteilig ist, dass die Funktion manuell vom Fahrer aktiviert bzw. deaktiviert werden muss. Seit kurzem bietet ein Hersteller ein hydraulisch angetriebenes Triebrad an, das ISOBUS-Signale des Traktors benutzt, um die Drehrichtung des Triebrades (vorwärts/rückwärts) umzuschalten [8]. Die Triebachse wird beim Anfahren und beim Rangieren am Vorgewende automatisch mit der richtigen Fahrtrichtung angesteuert (Bild 4).

Diese Entwicklung zeigt, dass die ISOBUS-Technologie inzwischen herstellerübergreifend bei den meisten Herstellern als Standard angekommen ist. Dabei steht die Bedienung mit einem einheitlichen Bedienkonzept im Vordergrund. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass die Sicht durch das Seitenfenster des Traktors nicht mehr von einer Vielzahl unterschiedlicher Bedienterminals beeinträchtigt wird.

Auf die technischen Möglichkeiten zur Regelung des Traktors durch die Erntemaschine (das so genannte Tractor-Implement-Mana­gement, TIM) wurde in einem früheren Fachbeitrag bereits näher eingegangen [9; 10].

Bild 4: Gezogener, zweireihiger Bunkerroder mit ISOBUS-gesteuertem Triebrad für die Ernte unter kritischen Bodenbedingungen [8]

Figure 4: Trailed two-row potato harvester with hydraulically driven wheel, controlled via ISOBUS, for harvesting in critical soil conditions [8]

 

Mit dem Entleeren des Bunkers am Feldrand geht effektive Erntezeit verloren und die Ernteleistung wird aufgrund der notwendigen Rangierarbeiten negativ beeinflusst. Praxiserhebungen gehen davon aus, dass die Ernteleistung pro Tag um 10 bis 15 % gesteigert werden kann, wenn die Maschine zum Entleeren nicht rangieren oder anhalten muss.

Für das Abbunkern während des Rodens werden in der Praxis deshalb nicht nur Überladeroder, sondern auch die klassischen Bunkerroder eingesetzt. Nachteilig bei dieser Vorgehensweise ist, dass der Standardbunker während des Entleerens gleichzeitig Erntegut aufnehmen muss. Er wird folglich niemals ganz leer. Beim Vorziehen des Bunkerbodens zum Entleeren bleiben immer einige wenige Kartoffeln im hinteren Bereich des Bunkers liegen. Wird der Bunker dann im Verlauf des erneuten Befüllens weiter vorgezogen, verliert die Maschine einen geringen Teil der geernteten Ware auf der Ackerfläche. Dieser negative Begleiteffekt kann in Regionen mit starkem Frost toleriert werden. Er ist jedoch insgesamt unerwünscht.

Seit einigen Jahren gibt es deshalb Bunkerroder mit speziellen Überladebunkern, die diesen Nachteil durch Reversierbarkeit im Antrieb des Bunkerbodens ausgleichen. Bild 5 gibt eine schematische Einordnung der technischen Entwicklungen bei Überladekonzepten für Bunkerroder. Gezeigt wird die stark vereinfachte Ansicht von hinten eines zweireihigen, seitengezogenen Bunkerroders bei der Ernte. Veranschaulicht wird dies durch die zwei Dammtrommeln der Erntemaschine, die rechts neben den Rädern der Erntemaschine angedeutet sind. Links daneben fährt jeweils ein abfahrendes Transportfahrzeug. Die Pfeile verweisen auf die Drehrichtung bzw. auf die Transportrichtung des Bunkerbodens beim Entleeren während der Fahrt. Bild 5 A zeigt einen einfachen Bunker, der im oberen Bereich leicht abgeknickt werden kann, so dass die Fallhöhe bei der Übergabe reduziert werden kann.

Die erste Stufe der Weiterentwicklung dieses Bunkers war eine Zweiteilung mit getrennten Antrieben für den vorderen, überladenden Teil und den hinteren, der je nach Bedarf angehalten werden konnte (Bild 5 B). So konnte der vordere Teil des Bunkers vollständig entleert werden. Nachteilig bei dieser Variante ist die zusätzliche Übergabestelle im Bunker, die gegebenenfalls zu Beschädigungen am Ernteprodukt führen kann.

Seit kurzem sind die so genannten "Nonstop Bunker" sowohl bei selbstfahrenden als auch bei gezogenen Erntemaschinen verfügbar. Bild 5 C zeigt die Besonderheit dieser neuartigen Bunker, bei denen nicht nur der Bunkerboden, sondern auch die Bunkerrückwand in den Entladeprozess mit einbezogen wird. Diese besondere Bauart erlaubt die Reversierung des Bunkerbodens, ohne dass Kartoffeln in einer Ecke des Bunkers "verklemmen" und beschädigt werden.  

Bild 5: Schematische Darstellung von verschiedenen Bunkerkonzepten (A bis C) zur kontinuierlichen Übergabe von Kartoffeln während des Rodens auf ein nebenherfahrendes Transportfahrzeug

Figure 5: Schematic drawing of different bunker versions for continuous unloading of the crop during the harvesting process

 

Es ist zu erwarten, dass Erntemaschinen mit Nonstop Bunker aufgrund der geringeren Ansprüche an die Abfuhrlogistik zukünftig eine stärkere Verbreitung in der Praxis finden werden.  

Weiterentwicklungen bei Trennaggregaten in der gezogenen Erntetechnik

In einem früheren Beitrag dieser Reihe wurde bereits auf grundsätzliche technische Unterschiede bei Trennaggregaten hingewiesen [9]. Nach wie vor gibt es am Markt Trennaggregate, die entweder nach mechanischen Prinzipien oder mit einer Trennung im Luftstrom bzw. einer Trennung im Wasserbad mit Gegenströmung (so genannte "RoWaDest"-Roder) basieren. Das Prinzip der Trennung von Kartoffeln, Kluten und Steinen im Wasserbad einer mobilen Erntemaschine konnte sich entgegen der Einschätzung einzelner Autoren [4] bisher nicht durchsetzen. Die Anzahl derartig ausgestatteter Maschinen wird in Europa auf weniger als zehn Stück geschätzt.

Den überwiegenden Teil machen Erntemaschinen mit mechanischen Trennaggregaten aus. Dabei haben Trennaggregate, die Grobkraut und Kartoffeln nach dem Prinzip eines Schräg‑ elevators mit umlaufendem Grobkrautband (SE-Prinzip) trennen, mit Abstand die größte Verbreitung. Danach folgen aktive Walzen- und Rollentrenngeräte unterschiedlicher Bauart. Ausgehend von der Verwendung in stationärer Technik haben in den vergangenen Jahren auch Trennaggregate an Bedeutung gewonnen, die nach dem Prinzip der Trennung im Luftstrom arbeiten. Die "AirSep"-Technologie ist derzeit insbesondere in Nordamerika mit ca. 300 Einheiten verbreitet, findet aber auch zunehmend ihren Absatz in Europa. Erstmals zeigt ein Hersteller eine zweireihige Erntemaschine als Serienmaschine für den europäischen Markt, die mit dieser Technik ausgestattet ist [7] (Bild 6).

 

Bild 6: Bunkerroder mit "AirSep"-Trennaggregat nach dem Prinzip der Trennung im Luftstrom [7]

Figure 6: Two-row bunker harvester with an "AirSep" Separator [7]

 

Klassische, mechanische Trenngeräte mit umlaufenden Igelbändern und darüber liegenden Ableitwalzen wurden ebenfalls weiterentwickelt. Einzelne Hersteller bieten eine hydro-elektronische Regelungstechnik an, mit der die Drehzahl der Trennaggregate lastabhängig geregelt wird [7]. Bisher werden in der Praxis aus Angst vor Verstopfungen viele Trennaggregate von den Fahrern mit zu hoher Drehzahl betrieben. Damit verbunden ist eine Beschleunigung der Kartoffeln auf dem Igelband, die unter Umständen zu wertmindernden Stoßbelastungen an der Abstreifwalze führen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn nur wenige Kartoffeln auf dem Trenngerät gefördert werden.

Die Neuentwicklung (so genannte "Speedtronic") nutzt diesen Zusammenhang und erfasst den Belastungszustand des Trennaggregates. Bei geringem Füllgrad des Trenngerätes wird die Drehzahl reduziert, so dass die Kartoffeln mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit auf die Ableitwalzen treffen (Bild 7). Mit zunehmender Last werden die Drehzahlen im Trenngerät automatisch erhöht. Damit werden die Förder- und die Reinigungsleistung gesteigert und das Risiko von Verstopfungen vermieden. Aufgrund des höheren Füllgrades treffen die Kartoffeln vor der Abstreifwalze vermehrt auf andere Kartoffeln und nicht unmittelbar auf die Walze, so dass die Produktschonung insgesamt gefördert wird. In Bild 7 werden die Effekte ohne (A) bzw. mit elektronischer Drehzahlregelung (B) schematisch gegenübergestellt.  

 

 

Bild 7: Schematische Darstellung der Zusammenhänge von Drehzahl und potentiellen Knollenbeschädigungen in einem Trenngerät bei variierendem Füllgrad ohne Regelung (A) bzw. mit elektronischer Drehzahlregelung (B)

Figure 7: Relationship of speed, risk of blockages and risk of damaged crop in a conventional separating device, without (A) and with an electronic speed control (B)

 

Weiterentwicklungen bei selbstfahrender Erntetechnik

Erste selbstfahrende Kartoffelerntemaschinen wurden bereits Ende der 30er Jahre erprobt [11]. Eine konsequente Weiterentwicklung von gezogener zu selbstfahrender Erntetechnik im Sinne einer Serienfertigung fand jedoch erst ab den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts statt.

Derzeit haben die ursprünglich entwickelten einreihigen, selbstfahrenden Erntemaschinen weder national noch international Bedeutung. Zweireihige Selbstfahrer sind nach wie vor verbreitet. Daneben gibt es zahlreiche Weiterentwicklungen der Hersteller, die sich vor allem auf vierreihige Erntemaschinen beziehen. Erstmals wurde eine Maschine vorgestellt, bei der das "SE-Prinzip" (Schrägelevator mit umlaufendem Grobkrautband) von einer zweireihigen auf eine selbstfahrende, vierreihige Erntemaschine übertragen wurde. Die besondere konstruktive Herausforderung lag dabei in der technischen Umsetzung unter Berücksichtigung der europäischen Straßenzulassungsordnung [12]. Dazu werden die Trenngeräte für die Straßenfahrt ein- und während der Rodearbeiten auf dem Feld ausgeklappt (Bild 8).

 

Bild 8: Selbstfahrende, vierreihige Erntemaschine mit Grobkrauttrennung nach dem "SE-Prinzip" [7]

Figure 8: Self-propelled 4-row harvester with a deviner-web based on "SE-Principle" [7]

 

Einordnung der Maschinenkonzepte für selbstfahrende Erntetechnik

Werden die Maschinenkonzepte für die mechanisierte Ernte von Kartoffeln im internationalen Vergleich gegenübergestellt, so ergeben sich unterschiedliche Entwicklungen. In Nordamerika kommt aktuell vor allem breite, vier- bis sechsreihige gezogene Erntetechnik zum Einsatz. Diese Technik kann in Westeuropa aufgrund der geltenden Straßenverkehrsordnung nicht verwendet werden. Stattdessen haben hierzulande selbstfahrende Erntemaschinen eine stetig wachsende Bedeutung, wobei ein Trend zu vierreihigen Maschinen erkennbar wird. Eine Ursache für diese unterschiedliche Entwicklung liegt an dem Bedarf für wendige Spezial­maschinen mit Straßenzulassung.

Bild 9 gibt einen stark vereinfachten Überblick über die Entwicklung der Fahrwerk- und Maschinenkonzepte für den europäischen Markt. Ausgehend von einem gezogenen, zweireihigen Bunkerroder (Bild 9 A und 9 B) wird veranschaulicht, dass die Bunkerkapazitäten von bisher 5 ‑ 6 t auf inzwischen 7 - 9 t zugenommen haben. Damit verbunden sind neue dreiräderige Fahrwerkskonzepte (vgl. auch Bild 3).

Bereits um 1970 wurden die ersten zweireihigen Erntemaschinen zu Selbstfahrern umgebaut. Dazu wurden die Komponenten Motor (blau) und Kabine (grün) vom Traktor auf die Erntemaschine verlagert und die Lenkung von der klassischen Achsschenkellenkung (beim Traktor) auf die extrem wendige Drehschemel-Lenkung beim Selbstfahrer umgestellt. Die übrigen Komponenten wie Bunker, Trenngeräte etc. wurden zunächst weitestgehend von der gezogenen Erntetechnik übernommen (Bild 9 C). Mit der Einführung neuer Trennaggregate und größerer Arbeitsbreiten wurden die bekannten Maschinenkonzepte vollständig überarbeitet. Sie führten zu selbstfahrenden, vierreihigen Erntemaschinen mit sehr bodenschonenden Gurtbandlaufwerken vorn und Drehschemellenkung hinten (Bild 9 D), die erstmals auch das "Roden aus der Gare" ermöglichten. Nachteilig bei den Maschinenkonzepten mit Gurtbandlaufwerk sind die vergleichsweise hohen Investitions- und Wartungskosten.

Bild 9: Stark vereinfachte Darstellung der Entwicklung von Rode- und Fahrwerkskonzepten für gezogene und selbstfahrende Kartoffelerntemaschinen

Figure 9: Simplified drawing of the development of digging- and chassis concepts for trailed and self-propelled potato harvesters

 

In den vergangenen Jahren (ca. ab 2001) wurden von den Herstellern zwei Fahrwerkskonzepte parallel weiterentwickelt. Zum einen das Konzept der Gurtbandlaufwerke vorn mit einem vorgelagerten Aggregat für das Krautschlagen und Roden aus der Gare. Zum anderen Rodeaggregate, die vorne durch zwei schmale Räder abgestützt werden (Bild 9 E und 9 F). Diese Räder rollen zwischen den ungeernteten Kartoffeldämmen ab und können diese unter Umständen beschädigen. Außerdem erschweren sie das Anroden einer neuen Fläche. Um die Last des Bunkers bodenschonend zu verteilen, werden im Heck entweder Gurtbandlaufwerke oder Niederdruck-Breitreifen eingesetzt. Mehrheitlich werden derzeit vierreihige Selbstfahrer eingesetzt, die vorne durch zwei schmale Räder abgestützt werden. Eventuelle Beschädigungen am Damm / an den Kartoffelknollen werden dabei toleriert.

Durch die Steigerung der zulässigen Radlasten moderner Niederdruck-Breitreifen werden diese wieder zunehmend für den Einsatz bei selbstfahrenden Erntemaschinen diskutiert. Als jüngste Entwicklung zeigt Bild 9 G eine Maschine, die die Vorteile des Rodens aus der Gare mit den Vorteilen eines Reifen-Fahrwerks kombiniert. Die besondere Konstruktion ermöglicht den Betrieb im "Hundegang" mit seitlich versetztem Heck, so dass beim Roden eine nahezu vollständige Überrollung der gesamten Fläche stattfindet (vgl. Bild 8).

Weiterentwicklungen bei der Logistik der Kartoffelernte

Um die Ernteleistung weiter zu erhöhen, werden neben leistungsfähigen Erntemaschinen auch Überladewagen zwischen der Erntemaschine und dem Straßentransportfahrzeug eingesetzt. Während in Nordamerika Lastkraftwagen (LKW) für den Transport vom Feld zum Lager bzw. vom Feld zur verarbeitenden Industrie üblich sind, ist diese Vorgehensweise in Europa bisher sehr beschränkt. Dennoch bieten einzelne Hersteller Überladewagen mit Entladebändern vorn oder hinten an, die ein Überladen auf einen LKW ermöglichen. Bild 10 zeigt exemplarisch einen solchen Überladewagen mit Entladeband vorn.  

Bild 10: Überladewagen mit Tandemachse und frontseitigem Überladeelevator [7]

Figure 10: Transfer trailer with tandem axle and unloading elevator in front [7]

 

Neben der guten Übersicht bieten diese Fahrzeuge die Möglichkeit einer zusätzlichen Absiebung von Erde während des Überladevorganges. Resultierende Vorteile bestehen darin, dass wertvoller Ackerboden auf der Fläche bleibt und nicht unnötig Fracht- und Transportkapazität belastet. Das Ernteprodukt wird nachträglich gereinigt, ohne dass Resterde von einer Fläche zur nächsten verschleppt wird, und somit wird die weitere industrielle Verarbeitung erleichtert.

Eine technische Alternative stellen quasi-stationäre Annahme-Schüttbunker mit nachfolgender Kartoffelaufbereitung dar. Moderne Anlagen sind inzwischen mit eigenem Stromaggregat ausgerüstet, so dass alle nötigen Maschinenkomponenten aufeinander abgestimmt sind. Der zusätzliche Transport eines Stromaggregates entfällt, so dass auch die Auf- und Abbauzeiten auf weniger als 10 Minuten reduziert werden können. Bild 11 zeigt exemplarisch eine derartig konzipierte Anlage.

Bild 11: Mobile Feldverladestation mit integrierter Reinigung und Aufbereitung für Kartoffeln [7]

Figure 11: Fieldloader with integrated cleaning and sorting for potatoes [7]

 

Weiterentwicklungen Einlagerungstechnik

Die Weiterentwicklungen bei Erntemaschinen für Kartoffeln führten dazu, dass die Ernte- und Transportleistung in den letzten Jahren deutlich gesteigert wurde. Um diesen veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen, gab es zahlreiche technische Ansätze. Einerseits wurden die Schüttbunker für die Einlagerungslinie vergrößert oder durch so genannte Vorschalt-Pufferbunker im Volumen deutlich erweitert [7]. Andererseits wurde auch die nachfolgende Technik der Rohstoffaufbereitung, -reinigung und -einlagerung weiterentwickelt. Bild 12 zeigt dazu eine aktuelle Entwicklung, bei der eine mechanische und eine opto-elektronische Trenneinrichtung (FPS) in einer Maschine kombiniert werden. Die so realisierte Lösung ermöglicht eine Aufbereitung von mehr als 80 t Kartoffeln pro Stunde bei verbesserter Produktqualität und reduziertem Personalaufwand [7; 13].

Bei der vorgestellten Maschine wird die angelieferte Rohware zunächst auf einem konventionellen Walzentisch (Bild 12 A und B) vorbereitet. Dabei werden lose Erde und restliches Kraut abgetrennt. Mit der Änderung des Walzenabstandes kann die Rohware zudem in verschiedene Fraktionen vorsortiert werden. Die farbliche Darstellung im oberen Bereich von Bild 12 zeigt die Aufteilung des gesamten Gutstroms (schwarz) in eine "große"                   Fraktion > 45 mm (blau) und eine "kleine" Fraktion < 45 mm (grün). Der so differenzierte Produktstrom wird in der Folge auf unterschiedliche Weise weiter aufbereitet und von Beimengen getrennt.

Die kleine Fraktion < 45 mm durchläuft in einem zweistufigen Prozess eine Pralltrommeltrennung (Bild 12 E, ebenfalls grün), wobei kleinere Kluten von den Kartoffeln getrennt werden.

Störende Beimengen in der Fraktion > 45 mm werden opto-elektronisch erfasst (Bild 12 D) und Kluten werden mechanisch zerschlagen. Große Fremdkörper lösen eine Sicherung (Bild 12 C) aus, so dass die nachfolgende Sensorik nicht gefährdet wird.

Bild 12: Schematische Darstellung einer Maschine zur Aufbereitung von Kartoffeln bei der Einlagerung, einschließlich mechanischer und opto-mechanischer Trenneinrichtungen

Figure 12: Schematic drawing of a modern combi-receiving-hopper for potatoes, including mechanical and opto-mechanical separators.

Zusammenfassung

Der vorliegende Artikel fasst die Entwicklungen in der Kartoffeltechnik an ausgewählten Beispielen der Produktionskette vom Legen des Pflanzgutes im Frühjahr bis zur Einlagerung der Ernteprodukte im Herbst zusammen. Bei der Frühjahrstechnik wird eine vergleichende Einordnung neuer Verfahren der Düngemittelapplikation vorgenommen. Für die Ernte von Kartoffeln werden etablierte und neue Ernteverfahren gegenübergestellt und dabei neue Trenngeräte und Maschinenkonzepte bei der selbstfahrenden Erntetechnik vorgestellt. Weiterhin wird auf die wachsende Bedeutung des Themas "Feldhygiene" unter Berücksichtigung von anhaftender Erde eingegangen. Dazu werden Transportfahrzeuge und Feldverladestationen vorgestellt, mit deren Hilfe eine zusätzliche Erdabreinigung unmittelbar auf der Anbaufläche realisiert werden kann. Zum Abschluss wird ein neues Maschinenkonzept für die Aufbereitung von Kartoffeln vorgestellt, bei dem zum Zwecke der Leistungssteigerung mechanische und opto-elektronische Trennmechanismen effektiv kombiniert werden.


Literatur

[1]     FAO: Food and Agricultural Organization of the United Nations. FAOSTAT. URL – http://www.fao.org/faostat/en/, 2017.

[2]     Block, E.: Höhere Düngeeffizienz im Kartoffelbau. In: Tagungsband zur Tagung Land.Technik für Profis, 27./28. Feb. 2018 in Damme. VDI/MEG - im Druck -.

[3]     Standen: Presseinformation zu "side ridge injection", URL – www.standen.co.uk, 2015.

[4]     Nitsch, A.: Kartoffelanbau: Was hat sich in den letzten 40 Jahren geändert? In: Kartoffelbau, Heft 11/2017, S. 38-44.

[5]     Peters, R.: Besucher der PotatoEurope 2017 trotzen dem Wetter. In: Kartoffelbau, Heft 11/2017, S. 45-47.

[6]     Peters, R.: Technik und Pflanzenbau rücken enger zusammen. In: Kartoffelbau, Heft 11/2017, S. 8-11.

[7]     GRIMME: Pressemitteilungen zur Agritechnica 2017.

[8]     ROPA: Pressemitteilungen zur Agritechnica 2017.

[9]     Klindtworth, M. und Sonnen, J.: Kartoffeltechnik. In: Frerichs, L. (Hrsg.) Jahrbuch Agrartechnik 2013, Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2014 S. 164-171.

[10]   Sonnen, J. und Klindtworth, M.: Assistenzsysteme in der Kartoffelproduktion. In: Kartoffelbau, Heft 1&2/2014, S. 52-55.

[11]   Niemann, M.: Ernst Burgwedel - Ein Pionier der landwirtschaftlichen Mechanisierung. In: Der Goldene Pflug. Zeitschrift des deutschen Landwirtschaftsmuseums der Universität Hohenheim. Ausgabe 38 (2016), S. 4-11.

[12]   Stapel, D.-J.: 4-row potato harvester based on a mirrored product flow concept. In: Proceedings of LAND.TECHNIK AgEng 2017, S. 505-512, ISBN 978-3-18-092300-0, VDI-Verlag, Düsseldorf 2017.

[13]   TOMRA: Produktinformationen zu Sortierlösungen. URL – www.tomra.com, 2015.

 

Empfohlene Zitierweise:
Klindtworth, Michael: Kartoffeltechnik. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2017. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2018. – S. 1-15

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