Beitrag in Jahrbuch 2018

Pflanzenschutz-, Dünge- und Bewässerungstechnik Mineralische Düngung

Kurzfassung:

Die neue Düngeverordnung hat keine Änderungen der Anforderungen an die Technik zur Mineraldüngung gebracht.

Die technische Entwicklung beschränkt sich auf die Weitentwicklung und Praxiseinführung von Neuerungen der vergangenen Jahre. Elektrische Antriebe sind weiterhin in der Entwicklung, aber immer noch im Prototypenstatus.

Die kostenlos von der ESA zur Verfügung gestellten Daten der Sentinel-Satelliten werden zu einer Zunahme der kartenbasierten teilflächenspezifischen Düngung und der Nachfrage nach Mineraldüngerstreuern mit dafür notwendiger Technik führen.

Volltext

Rechtliche Rahmenbedingungen

Am 02.06.2017 ist die neugefasste "Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen", kurz Düngeverordnung (DüV), in Kraft getreten [1]. Gegenüber der vorher gültigen Düngeverordnung wurde der Abstand zwischen dem Rand des Streufächers und oberirdischen Gewässern von 3 m auf 4 m erhöht und gilt neuerdings auch für benachbarte Flächen, insbesondere schützenswerte natürliche Lebensräume. An stark geneigten Flächen darf in einem Abstand von 5 m (vorher 3 m) zur Böschungsoberkante oberirdischer Gewässer kein Dünger ausgebracht werden. Die Möglichkeit, den Mindestabstand durch eine Grenzstreueinrichtung auf 1 m zu verringern, wurde beibehalten. Während in den Entwürfen zur neuen Düngeverordnung noch die DIN EN 13739 zur Definition einer Grenzstreueinrichtung aufgeführt war und die Ausrüstung von Neumaschinen sowie eine Nachrüstpflicht für bestehende Geräte gefordert wurde, ist in der heute gültigen Verordnung die Formulierung aus der vorhergehenden Version enthalten. Dadurch werden nach wie vor die Grenzstreueinrichtungen, die der Verordnung genügen, erst in den Vollzugshinweisen zur Düngeverordnung länderspezifisch definiert. In NRW sind das bei Scheibenstreuern Streuschirm, Leitbleche, Streufächer, Randstreuscheiben und das einseitige Verändern der Streuscheibendrehzahl [2]. Da objektiv messbare Kriterien zur Definition einer Grenzstreueinrichtung, wie in DIN EN 13739 beschrieben, nicht genutzt werden, wird Neuentwicklungen, die nicht in eine der o.g. Kategorien einzuordnen sind, der Marktzugang erschwert.

Technische Entwicklung

In den letzten Jahren war die technische Entwicklung im Bereich der Düngetechnik geprägt von der Nutzung neuer Technologien zur Verbesserung der Verteilqualität bei der Mineral-düngung. Die konsequente Nutzung des globalen Positionierungssystems zur punktge-nauen Schaltung des Streuers, die Entwicklung von Sensoren zur Überprüfung und Regelung der Verteilgenauigkeit sowie die Vernetzung unterschiedlicher Informationsanbieter sind nur einige Beispiele. Der Schwerpunkt der Entwicklung hat sich, auch bedingt durch die neue Düngeverordnung, von der Mineraldüngung hin zur organischen Düngung verlagert. Nimmt man die Anmeldungen zur letzten Agritechnica-Neuheitenliste als Gradmesser für die Intensität der Entwicklungsarbeit, wird dieser Trend deutlich: Nur etwa 25 % der Anmeldungen zum Thema "Düngung" betreffen die mineralische Düngung, die organische Düngung dominiert mit 75 % der Anmeldungen.

Die Hersteller von Mineraldüngerstreuern konzentrieren sich zurzeit darauf, Neuheiten früherer Jahre vom Entwicklungs- oder Prototypenstatus zur Serienreife zu bringen und bekannte Technik zu optimieren.

Mit dem Anhängestreuer ZG-TS 10001 ProfisPro stellt Amazone auf der Agritechnica 2017 einen neuen Typ vor, der die Wiegeeinrichtung sehr konsequent für drei Aufgaben nutzt: Zum einen wird das Signal der Wiegeeinrichtung für die Regelung der Durchflussmenge genutzt. Was beim Anbaudüngerstreuer mit Wiegeeinrichtung seit Jahren Stand der Technik ist, wird hier erstmals auch beim angehängten Streuer realisiert. Zum zweiten werden aus den Messsignalen der vier Wiegezellen die Stützlast an der Deichsel und die Achslast errechnet und dem Fahrer angezeigt. Das hilft dem Fahrer, beim Beladen die Kapazität des Streuers optimal auszunutzen und gleichzeitig die Grenzwerte für Stütz- und Achslast einzuhalten. Neu ist auch, dass das Wiegesignal für eine lastabhängige Regelung der Druckluftbremse genutzt wird. Die lastabhängige Bremsregelung ist in Zukunft vorgeschrieben, bei ungefederten Achsen mit herkömmlichen Verfahren aber nicht realisierbar.

Dem Thema "elektrische Antriebe" widmet sich die Firma Kverneland. Sie stellt auf der Agri-technica einen neuartigen elektrischen Düngerstreuerantrieb vor. Im Gegensatz zu dem schon vor 10 Jahren von der Firma Rauch vorgestellten elektrisch angetriebenen Dünger-streuer werden beim neuen Modell "e-Spreader" von Kverneland die Streuscheiben nicht direkt von Elektromotoren angetrieben, sondern der elektrische Antrieb beschränkt sich auf einen Teil der Leistungsübertragung, ähnlich wie bei den leistungsverzweigten stufenlosen Getrieben in Traktoren. Statt der Hydromotoren im Schlepper werden beim "e-Spreader" zwei Elektromotoren in Kombination mit Planetengetrieben verwendet. Eine Kombination sitzt im Haupt-Antriebsstrang, eine Kombination sitzt im Antriebsstrang zu einem Streuteller. Durch die Elektromotoren kann jeweils die Drehzahl variiert werden. So ist es möglich, sowohl beide Streuteller gleichzeitig als auch einen Streuteller separat in der Drehzahl zu regeln. Die Scheibendrehzahl ist somit unabhängig von der Motordrehzahl und die Wurfweite kann wie bei hydraulisch angetriebenen Streuern unabhängig für jede Seite verändert werden. Der Vorteil des Systems ist, dass nicht die gesamte Antriebsleistung elektrisch verfügbar sein muss, somit der Strombedarf deutlich geringer ist als beim direkten elektrischen Antrieb und deshalb mit Niedrigspannung gearbeitet werden kann.

Für Besitzer eines pneumatischen Rauch AGT-Streuers ist das "FreeLane-System" interessant. Hier wird durch Prallbleche an den inneren 4 Verteilerdüsen verhindert, dass Dünger in die Fahrspuren der Fahrgassen gestreut wird. Die Ausbringmenge der Düsen an der Fahr-gasse wird durch Abdecken eines Nockenradteils in der Dosierung angepasst. Je nach Arbeitsbreite und Reifenbreite können zwischen 3 % und 6 % der Düngermenge eingespart werden. Der Pflanzenbestand erhält nach wie vor die volle gewünschte Düngermenge.

Zentrifugalstreuer stoßen nach wie vor an ihre Grenzen, wenn feinkörniger Dünger mit großer Arbeitsbreite ausgebracht werden soll. Die Firma Bredal stellt für ihre gezogenen Streuer ein neues Breitstreuwerk vor, das nach Angaben des Herstellers feinkörnige Mineraldünger bis zu einer Arbeitsbreite von 40 m ausbringen kann. Um die große Arbeitsbreite erreichen zu können, sind die beiden Streuteller an klappbaren Auslegern in einem Abstand von 6 m angebracht. Der Dünger wird über zwei im Ausleger integrierte Förderbänder zu den Streutellern transportiert.

Amazone hat das bereits 2015 vorgestellte digitale Prüfset "EasyCheck" zur Serienreife weiterentwickelt. Bei diesem System werden statt der Prüfschalen lilafarbene Kunststoffmatten mit genoppter Oberfläche nach dem gleichen Muster wie die Prüfschalen auf dem Feld ausgelegt (Bild 1).

 

Bild 1: Lage der Prüfmatten im Feld (links) und Auswertung mittels Smartphone beim Prüfset "EasyCheck" der Firma Amazone (Werkbilder Amazone).

Figure 1: Position of the test mats in the field (left) and evaluation by means of Smartphone at the test set "EasyCheck" of the company Amazone (work pictures Amazone).

 

Beim Streuen werden die Düngerkörner durch die Noppen aufgefangen. Anschließend werden die Matten mit einem Smartphone fotografiert und mittels einer vom Hersteller zur Verfügung gestellten App ausgewertet. In einem Praxistest der Zeitschrift top agrar wurden im Vergleich zu den bisher üblichen Prüfschalen die einfachere und etwas schnellere Auswertung, der günstigere Preis und besonders das deutlich geringere Transportvolumen hervorgehoben [3]. Es bleibt zu hoffen, dass diese Vorteile die Akzeptanz in der Praxis deutlich verbessern, so dass die Überprüfung des Streubildes auf dem Feld nicht mehr eine seltene Ausnahme darstellt.

Teilflächenspezifische Düngung

Die Technik zur sensorbasierten und kartenbasierten teilflächenspezifischen Düngung ist seit Jahren ausgereift. Dennoch wird insbesondere die kartenbasierte variable Düngung nur selten in der Praxis eingesetzt. Ein wesentlicher Grund ist das Fehlen aktueller Satellitenbilder. Dies hat sich mit der Inbetriebnahme der Sentinel-Satelliten des europäischen Copernicus-Programms geändert. Für den landwirtschaftlichen Bereich sind die Sentinel-1-Satelliten mit Radar- und die Sentinel-2-Satelliten mit Multispektralkameras interessant (Tabelle 1). Der letzte der 4 Satelliten wurde im März 2017 in Betrieb genommen.

Die hohe Auflösung entspricht den Anforderungen der teilflächenspezifischen Düngung und die häufige Überfliegung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass zeitnah auswertbare Bilder verfügbar sind. Die ESA bietet die Bilder kostenlos an und stellt auch Tools zur Auswertung bis hin zur Berechnung des NDVI zur Verfügung. Etablierte Firmen und Start-Ups nutzen diese Möglichkeiten intensiv und bieten Biomasse-, Dünge- und Saatkarten auf der Basis der Sentineldaten sehr preisgünstig an. Die Vermarktung erfolgt in Form cloudbasierter Internetanwendungen für PCs in Kombination mit Apps für Android- und IOS-Geräte.

Kennzeichen der Vermarktungsstrategien sind

  • Leichte Verfügbarkeit in APP-Stores
  • Kostenlose Basisversion und / oder kostenlose zeitlich begrenzte Nutzung
  • Keine Investitionen
  • Kurze Vertragslaufzeiten (1 Monat bis 1 Jahr)

Durch die Kombination aktueller hochaufgelöster Karten in Verbindung mit der preiswerten, weit verbreiteten und jederzeit verfügbaren Smartphone-Technologie wird die teilflächenspezifische Düngung auch für kleine und mittlere Betriebe sehr attraktiv. Es ist daher zu erwarten, dass Düngerstreuer mit ISO-Bus-Technik vermehrt nachgefragt werden.

 

Tabelle 1: Kennwerte der Sentinel-Satelliten [4; 5]

Table 1: Sentinel-satellite characteristics [4; 5]

 

Sentinel-1

Sentinel-2

Sensor:

Radar

Multispektral

Höhe:

693 km

786 km

Wiederholrate:

6 Tage

5 Tage

Maximale Auflösung:

5 x 5 m

10 x 10 m

 

Zusammenfassung

Die Technik der Mineraldüngung ist von der neugefassten Düngeverordnung im Vergleich zur organischen Düngung nur relativ wenig betroffen. Die Änderungen beschränken sich auf die allgemein gültigen, veränderten Abstandsregelungen. Im Gegensatz zu den Entwürfen wurde in der Endfassung auf eine Ausrüstungs- und Nachrüstungspflicht für Grenzstreueinrichtungen sowie auf eine einheitliche und durch Prüfkriterien festgelegte Definition verzichtet.

Die technische Entwicklung beschränkt sich auf die Weitentwicklung und Praxiseinführung von Neuerungen der vergangenen Jahre. Elektrische Antriebe sind weiterhin in der Entwicklung, aber immer noch im Prototypenstatus.

Es ist davon auszugehen, dass die teilflächenspezifische Düngung und die dafür notwendige Technik durch die breite Nutzung der neuen Sentinel-Satelliten deutlich zunehmen wird.  


Literatur

[1]     N.N.: Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen. URL – http://www.gesetze-im-internet.de/d_v_2017/index.html - Zugriff am 02.02.2019.

[2]     N.N.: Vollzugshinweise für die Umsetzung der Düngeverordnung (DüV) vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in Nordrhein-Westfalen, 15. November 2018. URL – https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/pdf/duev-vollzugshinweise-nrw.pdf - Zugriff am 02.02.2019.

[3]     Tastowe, F.: Neue Matte oder alte Schale? top agrar (2018) H. 6, S. 90 - 91.

[4]     N.N.: Sentinel-1 - Facts an Figures. URL – http://www.esa.int/Our_Activities/Observing_the_Earth/Copernicus/Sentinel-1/Facts_and_figures - Zugriff am 02.02.2019.

[5]     N.N.: Sentinel-2 - Facts and Figures. URL – http://www.esa.int/Our_Activities/Observing_the_Earth/Copernicus/Sentinel-2/Facts_and_figures - Zugriff am 02.02.2019.

Autorendaten

Dr. agr. Norbert Uppenkamp ist Berater für Schlepper, Bodenbearbeitung, Düngung, Ernte, Mechanisierungskonzepte, Getreidelagerung und -konservierung und verkehrsrechtliche Fragen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Münster.

Empfohlene Zitierweise:
Uppenkamp, Norbert: Mineralische Düngung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2018. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2019. – S. 1-6

Zurück