Beitrag in Jahrbuch 2018

Technik in der Tierhaltung Technik in der Geflügelhaltung

Autoren:
Kurzfassung:

Neben der weiteren Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit sollte auch eine Verminderung von Emissionen und Immissionen in der Geflügelhaltung berücksichtigt werden. Indoormaßnahmen wie die Optimierung des Haltungsmanagements, aber auch die Verbesserung der Luftqualität im Stall erscheinen sinnvoller, als in teure Anlagen zur Reinigung der Abluft zu investieren. Neuere Entwicklungen wie das Tränkesystem Optima E-Control oder der INLIGHTJET stellen gute Möglichkeiten zur Erreichung dieser Zielstellung dar. In diesem Zusammenhang sind die Grundlagen einer guten Produktion, nämlich Reinigung und Desinfektion, jedoch nicht zu vernachlässigen. Mit dem System Hygitrix® besteht die Möglichkeit einer automatischen Kontrolle und Dokumentation dieser Prozesse.

Volltext

Tierschutz in der Geflügelhaltung

Die Grundlagen des deutschen Tierschutzrechtes sind in einem detaillierten Tierschutzgesetz in der Neufassung vom 18.05.2006 festgelegt [1]. Spezielle Anforderungen an das Halten von Nutztieren sind in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geregelt [2]. Diese Verordnung findet für Nutztiere Anwendung, die zu Erwerbszwecken gehalten werden.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 17.09.2014 die Initiative "Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl" initiiert [3]. Eine der dort definierten Zielstellungen beinhaltet die Beendigung von routinemäßig durchgeführten kurativen Eingriffen wie beispielsweise dem Schnabelkürzen bei Legehennen und Mastputen. Die Umsetzung erfolgte zunächst für die Legehennen, so dass ab dem 1. August 2016 kein Schnabelkürzen bei Küken von Legehennen mehr stattfand. In Deutschland durften ab Januar 2017 keine Junghennen mit gekürzten Schnäbeln mehr eingestallt werden. Für Mastputen wurde ebenfalls ein schrittweiser Ausstieg aus dem routinemäßigen Schnabelkürzen beschlossen. Voraussetzung dafür war das Vorliegen von ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich der Ursachen des Entstehens von dieser unerwünschten Verhaltensweise und die Entwicklung von wirksamen Maßnahmen zu ihrer Vermeidung. Im Jahr 2017 erfolgte zunächst eine Machbarkeitsprüfung für Putenhennen, auf deren Grundlage das weitere Vorgehen abgestimmt werden sollte. Zielstellung dabei war es, auf die routinemäßige Schnabelbehandlung ab dem 1. Januar 2019 bei Putenhennen zu verzichten. Im Gegensatz zu den Legehennen gibt es in der Mast von Puten noch unzureichende wissenschaftliche und praktische Erkenntnisse zum Verzicht auf das Schnabelkürzen. Es wurde angenommen, dass bei Putenhennen im Vergleich zu den Hähnen eventuell ein frühzeitigerer Ausstieg aus dem Schnabelkürzen möglich ist. Die bis dato verfügbaren Erkenntnisse wurden federführend vom Institut für Tierschutz und Tierhaltung Celle (FLI) und Vertretern des Verbandes Deutscher Putenerzeuger zusammengetragen. Aufgrund dieser Evaluierung wurde entschieden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf das Schnabelkürzen bei Puten noch nicht verzichtet werden kann.

Tierwohl, Umweltschutz und Tiergesundheit

Tierwohl und Umweltverträglichkeit stehen nach wie vor im Fokus der Öffentlichkeit, wobei es nicht immer einfach ist, beide Zielstellungen in Einklang zu bringen. Sowohl im Rahmen der Genehmigung von Neuanlagen als auch bei Erweiterungen oder Umbau von bestehenden Anlagen sollte neben der Verbesserung des Tierwohls aber auch die Vermeidung bzw. Verminderung von Emissionen und Immissionen (z. B. Gerüche, Ammoniak, Staub, Bioaerosole, Lärm) bei Einhaltung der rechtlichen Regelungen beachtet werden. Aus Sicht der Geflügelhaltung ist eine Reduzierung der Emissionen im Stall sinnvoller, als in teure Abluftreinigungsanlagen zu investieren. Zu den sogenannten Indoormaßnahmen zählen unter anderem der Einsatz von Futterzusatzstoffen zur Unterstützung der Darmgesundheit bzw. zur Verbesserung der Verdaulichkeit des Futters, Optimierung des Haltungsmanagements im Bereich der Einstreu und Entmistung, Druckminderer in Wasserleitungen und Auffangen von Tropfwasser zur Vermeidung von Wasserverlusten und feuchter Einstreu und auch die Verwendung von pH-neutralen Desinfektionsmitteln.

Eine ausreichende Reinigung und Desinfektion der Stallanlagen und der Ausrüstung sind die beste Grundlage für eine gesunde Tierhaltung. Dazu zählt auch eine sehr gute Tränkwasserqualität, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mittlerweile gibt es verschiedene Möglichkeiten, die notwendige Wasserqualität über die gesamte Haltungsperiode zu gewährleisten, um Biofilm in den Wasserleitungen entgegenzuwirken. Neue innovative Technologien können ebenfalls einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit durch eine Reduktion des Keimgehaltes im Stall sowie von Schadgasen und Staub leisten.

Reinigung und Desinfektion mittels Hygitrix®

Der Gesetzgeber verlangt vom Primärproduzenten eine gründliche Reinigung und Desinfektion, um vorhandene Risiken auszuschließen. Aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft geht der Trend zu größeren Stallanlagen, die häufig nicht mehr vom Betriebsleiter selber gereinigt und desinfiziert werden. Diese Tätigkeiten werden oftmals von Mitarbeitern oder spezialisierten externen Servicefirmen, die auch über die entsprechende Technik und das notwendige Wissen verfügen, ausgeführt. Die Überprüfung der Qualität der durchgeführten Arbeiten obliegt aber der Zuständigkeit des Betriebsleiters. Einfache Möglichkeiten stellen Abklatsch- oder Tupferproben auf Flächen dar, die allerdings häufig ungenau sind. Die Ergebnisse sind häufig nicht zeitig genug verfügbar, so dass eine Nachbehandlung bei zu hoher Keimzahl aufgrund der kurzen Servicezeiten meistens nicht möglich ist. Liegt eine Kontaminierung vor, so darf der Stall aus tierseuchen- und tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht belegt werden. Dies zeigt deutlich, dass Verfahren benötigt werden, die möglichst noch vor Ort Auskunft über die erzielte Reinigung und Desinfektion geben können. In Deutschland sind DVG-gelistete Desinfektionsmittel zu verwenden, da diese sowohl für die Tierhaltung als auch für die Lebensmittelverarbeitung bei entsprechender Applikation den Erfolg sicherstellen und die notwendigen Vorgaben enthalten (z. B. Konzentration, Aufwandmenge, Temperatur bei der Anwendung).

Das System Hygitrix® der Firma Menno Chemie-Vertrieb dosiert, misst, kontrolliert und dokumentiert die Reinigungs- und Desinfektionsvorgänge vor Ort. Die Messwerte können über den gesamten Desinfektionsprozess in frei wählbaren Zeitintervallen automatisch erfasst werden. Die Datenspeicherung erfolgt auf einer Micro-SD-Karte, wobei die Daten über einen USB Anschluss oder online über eine RS32 Schnittstelle zum Betriebsrechner gesandt werden können, so dass eine kontinuierliche Kontrolle vorhanden ist. Die erhobenen Daten sind nicht veränderbar, so dass sie die gesetzliche Dokumentationspflicht erfüllen. Mittels entsprechender Software erfasst Hygitrix® Datum, Uhrzeit, Volumenstrom, Temperatur des Mediums, Leitfähigkeit der Lösung, Desinfektionsmittelkonzentration sowie Zusatzinformationen und bereitet diese grafisch auf. Über- und Unterkonzentrationen werden durch die Nutzung eines Leitwertes ausgeschlossen, da eine ständige Überwachung erfolgt. Weicht der Sollwert vom Toleranzbereich ab, gibt es eine Warnmeldung und die Steuerung unterbricht den Gebrauchslösungsstrom [4].

Bild 1: Hygitrix® - zentrale Dosiereinheit (Foto: Menno Chemie)

Figure 1: Hygitrix® - central dosing unit (Photo: Menno Chemie)

Modernes Stallmanagement zur Gewährleistung einer optimalen Tränkwasserqualität im Geflügelstall

Neben der Gewährleistung der Futterzusammensetzung und der Futterqualität wird einer guten Tränkwasserqualität zunehmend Beachtung geschenkt, um Tiergesundheit und Leistungsfähigkeit zu verbessern. Problem ist, dass Tränkwasser häufig mit Mikroorganismen verunreinigt ist, die beispielsweise über verunreinigtes Brunnenwasser, Tränken oder verschmutzte Dosier- und Vorlaufbehälter in die Wasserleitungen gelangen können. Lagern sich die Keime an der Innenseite der Wasserleitungen ab, kann es zum sogenannten Biofilm kommen. Darunter versteht man schleimige Ablagerungen, die aus verschiedenen Mikroorganismen bestehen können, die zu geschmacklichen Veränderungen des Wassers führen können [5]. Aus diesem Grund ist eine Reinigung und Desinfektion in der Serviceperiode eine gute Voraussetzung für eine optimale Wasserqualität. Im Bedarfsfall kann eine Reinigung auch im belegten Stall notwendig sein und mittels modernem Stallmanagement auch durchgeführt werden [5].

Die Firma LUBING Maschinenfabrik GmbH & Co. KG ist auf die Entwicklung von Tränkesystemen spezialisiert [6]. Mit dem neuen Tränkesystem Optima E-Control ist ein zukunftsweisendes Tränkemanagement möglich. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein Druckminderersystem, das eine optimale vollautomatisierte Wasserversorgung ermöglicht. Mittels elektronischer Steuerung können die Einstellungen für die Tränkelinien an einem Touchscreen zentral vorgenommen werden. Das System verstellt die Wassersäule in der Tränkelinie automatisch, so dass eine tageszeitabhängige Programmierung möglich ist. Dies ist vor allen Dingen für die Reduktion der Einstreufeuchte und damit zur Verbesserung der Fußballengesundheit von Vorteil. Ebenso reagiert das System automatisch auf veränderte Umweltbedingungen, beispielsweise Anstieg der Temperaturen, durch eine Erhöhung der Wassersäule auf den steigenden Wasserbedarf der Tiere. Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Biofilm in den Leitungen hat die Temperatur. Sind die Tränkwassertemperaturen zu hoch, spült der Optima E-Control selbständig neues kühleres Wasser in die Tränkelinien [6].

Neue innovative Technologie zur Reinigung der Stallluft

Die Beseitigung von Ammoniak, Keimen, Viren, Bakterien und Staub im Stall kann wesentlich zur Verbesserung des Tierwohls, der Tiergesundheit, der Gesundheit und des Wohlbefindens der Menschen und der Umwelt beitragen. Diese neue Technologie zur Reinigung von Stallluft beseitigt wirkungsvoll Viren, Bakterien, Staub, Ammoniak und andere unerwünschte schädliche Gase. Die Anwendung dieser innovativen Lichttechnologie INLUXINLIGHT in Verbindung mit einem Airjet wurde erstmals auf der EuroTier 2018 in Hannover präsentiert [7]. Der dort vorgestellte INLIGHTJET ist eine Kombination aus Luftzirkulation und den Prozessen einer Technologie mit dem Namen ALEPH (Amplification of Lightenergy and Pulsed Harmonics). Energiereiches, pulsierendes ALEPH-Licht wird (ähnlich einem blauen Plasma) von einem Quantum-Kaskadenlaser, dem sogenannten Lichtprozessor, erzeugt. Dies führt zu einem Aufbrechen der molekularen Strukturen der durch den INLIGHTJET angesaugten Luft. Für diesen Prozess ist der benötigte Energieaufwand sehr gering. Ohne größeren Aufwand können herkömmliche Luftfilter und Luftwaschanlagen in bestehenden Anlagen ersetzt werden, so dass mittels der ALEPH-Lichtschranke eine neue Möglichkeit besteht, Staub, Bakterien, Viren, Sporen und Gerüche zu beseitigen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Filtern werden diese nicht akkumuliert, sondern effektiv beseitigt. Die Vorteile des INLIGHTJET sollen weiterhin in einem geringen Wartungsaufwand sowie niedrigen Wartungskosten bestehen, da keine beweglichen Teile vorhanden sind, gekoppelt mit einem geringen Energiebedarf.

Die Technologie kann und sollte in drei Bereichen zum Einsatz kommen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Im Bereich der Luftzufuhr, im Stall und im Bereich der Abluft.

Gegenwärtig befindet sich das System noch in der Testphase. Aktuell sind Pilotprojekte zusammen mit der Hochschule Luzern und Betrieben in der Schweiz in Planung. Die Markteinführung des INLIGHTJETS ist für das zweite Halbjahr 2019 vorgesehen [7; 8].

Zur Förderung der damit möglichen Ziele, wurde die Initiative FAIRMING ins Leben gerufen. Initiatoren sind der Entwickler der Technologie, Jean-Michel Beaudouin (Schweiz), die für die internationale Distribution verantwortliche FA FARMTEC SA (Schweiz) und die für globale Kommunikation und Integration in Deutschland verantwortliche Agentur HAB&GUT, Frankfurt am Main [8].

 

Bild 2: INLIGHTJET als Montageeinheit (Foto: SystemAir)

Figure 2: INLIGHTJET as an assembly unit (Photo: SystemAir)

Bild 3: INLIGHTJET innen - (1) ALEPH, Lichtkonverter, (2) Motor für Ventilation (Foto: B612)

Figure 3: INLIGHTJET inside - (1) ALEPH, Light converter, (2) engine for ventilation (Photo: B612)

Bild 4: Quantum-Kaskadenlaser (Lichtprozessor) im Inneren der ALEPH-Maschine (Foto: B612)

Figure 4: Quantum Cascade Laser (Light processor) inside the ALEPH machine ((Photo: B612)

Zusammenfassung

Die Geflügelhaltung steht weiterhin im Fokus der öffentlichen Diskussion, mit Schwerpunkt auf Tierwohl und Umweltverträglichkeit. Eine Optimierung der Luftqualität bereits im Stall kann wesentlich zur Verbesserung des Tierwohls beitragen. Zukünftig können neue innovative Lösungsansätze wesentlich zur Reinigung der Stallluft und damit zur Verbesserung des Tierwohls und der Gesundheit von Mensch und Tier beitragen.

Die bereits erfolgte Umsetzung des Schnabelkürzens bei Legehennen erfordert eine Optimierung aller vorhandenen Indoormaßnahmen und stellt eine Herausforderung für das Haltungsmanagement dar. Eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Tierhaltung ist eine ausreichende Reinigung und Desinfektion vor der Einstallung, aber auch die Beachtung einer guten Tränkwasserqualität im belegten Stall sowie ein optimales Stallklima als Garant für stabile Tierleistungen.

Literatur

[1]     N.N.: Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juli 2014 (BGBl. I S. 1308) geändert worden ist.

[2]     N.N.: Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. Februar 2014 (BGBl. I S. 94) geändert worden ist.

[3]     Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen (2015). URL – http://www.bmel.de/DE/Tier/Tierwohl/_texte/Schnabelkuerzen.html - Zugriff am: 31.01.2019.

[4]     N.N.: Hygitrix® - Dosierung, Messung, Kontrolle und Dokumentation der hygienerelevanten Prozessgrößen bei Reinigungs- und Desinfektionsvorgängen, Firmenmerkblatt (2018).

[5]     Weiß, K.: Gutes Wasser ist lebenswichtig. Sonderheft DGS 27 (2018), S. 15-18.

[6]     Rabbe, J.: Verbessertes Tierwohl und perfekte Hygiene. Sonderheft DGS 27 (2018), S. 20-21.

[7]     Gnauk, S.: Camping für Hennen, Licht gegen Keime. DGS Magazin 1 (2019), S. 22-23.

[8]     N.N.: INLUXINLIGHT. URL – http://www.inluxinlight.ch/ - Zugriff am 12.02.2019.

Autorendaten

Dr. Jutta Berk ist Wissenschaftlerin am Institut für Tierschutz und Tierhaltung in Celle, zugehörig zum Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI).

Empfohlene Zitierweise:
Berk, Jutta: Technik in der Geflügelhaltung. In: Frerichs, Ludger (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2018. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, 2019. – S. 1-8

Zurück